Sitzung: 08.06.2022 Kreistag
Beschluss: Mehrheitlich abgelehnt
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 30, Enthaltungen: 4
Vorlage: 8/B90/GRÜNE/2022
Beschlussvorschlag:
Der Kreistag möge beschließen:
Der Landkreis Oder-Spree
schließt sich wie zahlreiche andere Kommunen und Landkreise der Bundesrepublik
Deutschland der Initiative „Seebrücke – Schafft sichere Häfen“ an. Wir bekennen
uns zu unserer Verantwortung, Menschen zu helfen, die durch Krieg, Verfolgung
und andere Notlagen ihre Heimat verlassen mussten und in Deutschland Zuflucht
suchen. Über die Umsetzung der folgenden Maßnahmen wird fortlaufend im Kreistag
berichtet. Der Landkreis Oder-Spree informiert seine europäischen Partnerstädte
über diese Resolution.
1. Sicherer Hafen
Der Landkreis Oder-Spree
erklärt sich zum Sicheren Hafen und bekräftigt seine Solidarität mit Menschen
auf der Flucht. Er setzt sich für sichere Fluchtwege, staatliche
Seenotrettungsmissionen und eine menschenwürdige Aufnahme von Schutzsuchenden
ein und beteiligt sich am Bündnis aller Sicheren Häfen in Europa zur aktiven
Gestaltung einer menschenrechtskonformen europäischen Asyl- und
Migrationspolitik.
2. Aktive Unterstützung der
Seenotrettung
Der Landkreis Oder-Spree positioniert
sich gegen die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer
und unterstützt zudem die Seenotrettung aktiv. Er übernimmt im Rahmen seiner
Möglichkeiten die Patenschaft für ein ziviles Seenotrettungsschiff oder
beteiligt sich daran.
3. Aufnahme zusätzlich zur
Quote
Der Landkreis Oder-Spree stellt
die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot
geretteten Menschen bzw. von Menschen, die in Lagern an den EU-Außengrenzen
festsitzen, sicher. Diese Aufnahme erfolgt zusätzlich zur Verteilungsquote von
Asylsuchenden (Königsteiner Schlüssel). Für die konkrete Umsetzung dieser
zusätzlichen Aufnahmen wird sich der Landkreis Oder-Spree mit dem
Bundesinnenministerium, dem zuständigen Landesministerium und dem Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) verständigen.
4.
Unterstützung für Aufnahmeprogramme
Der Landkreis
Oder-Spree begrüßt die bestehenden Programme auf Landes- und Bundesebene zur
Aufnahme von Schutzsuchenden. Er setzt sich gegenüber dem Land Brandenburg und
der Bundesregierung für die Einrichtung neuer bzw. die deutliche Ausweitung
bestehender Programme zur Aufnahme von Geflüchteten ein und bietet dafür selbst
zusätzliche Aufnahmeplätze an.
5.
Solidarische Kommune
Der Landkreis
Oder-Spree tritt für Bleibeperspektiven ein und setzt sich im Rahmen seiner
Möglichkeiten gegen Abschiebungen ein. Er ist nicht nur Sicherer Hafen, sondern
zugleich Solidarischer Landkreis für alle Menschen. Der Landkreis Oder-Spree
weist die Ausländerbehörde an, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um
Geflüchteten in der Kommune dauerhafte legale Aufenthalts- und
Lebensperspektiven zu schaffen.
6.
Kommunales Ankommen gewährleisten
Der
Landkreis Oder-Spree sorgt für ein langfristiges Ankommen der Schutzsuchenden,
indem er insbesondere in den Bereichen Wohnen, Gesundheit und Bildung alle
notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung zur Verfügung stellt
und ihre gesellschaftliche und politische Teilhabe in den Kommunen
sicherstellt.
Herr Schink stellt im Namen
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Antrag vor.
Der Landrat erklärt
daraufhin, dass er emotional den Antrag zwar verstehen könne, jedoch schieße er
über das Ziel hinaus, denn es bestünden nicht die formalen Möglichkeiten,
diesen Antrag in die Wirklichkeit umzusetzen.
Im Antrag sei zudem nicht
berücksichtigt worden, dass in den vergangenen Jahren 5.000 Menschen im
Landkreis unter Anstrengung untergebracht worden seien. Dabei dürfe das
ehrenamtlich tätige Engagement und die finanziellen Belastungen nicht übersehen
werden.
Ebenso stelle sich ihm die
Frage, wann und unter welchen Umständen jemand im Landkreis die Seenotrettung
kriminalisiert hätte. Daher sei man hier auch nicht in der Pflicht, irgendetwas
klarzustellen.
Bezüglich der Flüchtlings-
und Integrationsunterbringung sollte beachtet werden, dass hier keine freien
Entscheidungen auf der Kreisebene getroffen werden würden. Es handele sich um
eine übertragene Aufgabe. Der Landrat sei hier nicht dem Kreistag, sondern der
Landesregierung gegenüber verpflichtet, befinde er sich in einem
Weisungsstrang. insoweit blieben ihm die Hände gebunden.
Insofern könne er die
Vorstellungen nicht nachvollziehen und dem Antrag nicht folgen. Eine bloße
Symbolpolitik lehne er ab.
Herr Beier bringt zum
Ausdruck, dass er hier weitere Möglichkeiten für den Menschenhandel sehe und
sollten die Erfahrungen der Vergangenheit und die Gefahren berücksichtigt
werden. Er distanziere sich von diesem Bereich und dem Antrag.
Herr Schink führt aus, dass
es unter anderem Ziel des Antrages sei, diese Probleme aufzugreifen und an einem
lösungsorientierten Handeln zu arbeiten. Der Antrag stelle ein Angebot, keine
Herausforderung, dar und hätten andere Landkreise den ersten Schritt bereits
getan.
Herr Dr. Pech unterstütze den
Antrag; formal-rechtliche Argumente würden schon deshalb nicht greifen, weil
bereits ca. 700 Kommunen diesem Netzwerk angehörten. Insofern gehe er von einem
rechtskonformen Rahmen aus. Der Antrag fordere nicht zum Verstoß gegen Rechte
auf und sei aus den Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre ersichtlich, dass
viele Kommunen in diesem Netzwerk mitarbeiten würden und hätten diese entgegen
der Bundespolitik ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklärt. Er denke, dass diese
„reale Politik“ im Sinne eines Bekenntnisses zu einer Politik, die gegen die
vorhandene ungleiche Behandlung von Menschen unterschiedlicher Herkunft
eintreten würde, durch den Landkreis vertreten werden könne.
Der Vorsitzende bittet um
Abstimmung über den Antrag.