Sitzung: 19.12.2007 Ausschuss für Wirtschaft,Umwelt und Bauen
Die Abgeordneten des
Kreistages sowie sachkundigen Bürger wurden im Rahmen der heutigen Sitzung des
Ausschusses für Wirtschaft, Umwelt und Bauen durch den Sachgebietsleiter für
Kreisentwicklung und Investitionsförderung, Herrn Thoma sowie den Regionalplaner
der Regionalen Planungsstelle Oderland-Spree, Herrn Rump, zu den inhaltlichen
Schwerpunkten der Stellungnahmen des Landkreises Oder-Spree und der Regionalen
Planungsgemeinschaft Oderland-Spree zum Entwurf des Landesentwicklungsplanes
Berlin-Brandenburg (LEP B-B) informiert. Einer dieser Schwerpunkte des LEP B-B
ist die Neuordnung der Zentralörtlichen Gliederung. So soll es künftig keine zentralen
Orte unterhalb von Mittelzentren mehr geben.
Die Städte Storkow,
Müllrose und die Gemeinde Bad Saarow würden auf Grund dieser Regelung ihren
Status verlieren und neben möglichen finanziellen Nachteilen auch bei
Standortentscheidungen beispielsweise zu Infrastrukturmaßnahmen nicht mehr
berücksichtigt werden. Denn das neue Leitbild heißt „Stärken stärken“. Somit erhalten die
Mittelzentren mehr Verantwortung für ihre Mittelbereiche zugewiesen als bisher.
Zur Organisation des neuen Zusammenhangs nimmt sich der LEP B-B jedoch selbst
nicht in die Verantwortung und überlässt diese Aufgabe den Akteuren vor Ort.
Viele Gemeinden die bisher die Kommunale Daseinsvorsorge in vielfältiger Form
für ihre Bürger erfolgreich organisiert haben, fühlen sich benachteiligt und
befürchten künftig von der weiteren Entwicklung abgekoppelt zu werden.
Im Landkreis Oder – Spree
lebt ca. die Hälfte der Einwohner im ländlichen Raum. Diesem Fakt muss bei der
Ausgestaltung der Raumordnung mehr Gewicht beigemessen werden. Ein weiterer Hauptkritikpunkt ist die künftige Steuerung
der Siedlungspolitik. Nur noch Ober- und Mittelzentren sowie Kommunen, die in
einem so genannten Gestaltungsraum „Siedlung“ liegen, dürfen sich über den
Eigenbedarf hinaus entfalten. Für alle anderen gilt eine Restriktion in den
Grenzen von 0,5 Hektar pro 1000 Einwohner in 10 Jahren, die zu neuen
Wohnbauflächen ausgewiesen werden können – das entspricht in einem Ort mit
5.000 Einwohnern und einer fiktiven Grundstücksfläche von 600 qm rund 4
Einfamilienhäusern pro Jahr. Rechtskräftige Bebauungspläne gelten jedoch
weiter. Gemeinden mit großem Entwicklungspotenzial, wie Woltersdorf, Schöneiche
oder Bad Saarow werden so vor Probleme gestellt, denn sie liegen nicht in
diesem Gestaltungsraum „Siedlung“, der sich im Kreis Oder-Spree von Berlin
ausgehend nur bis Erkner zieht. „Dass nur noch Siedlungen in Mittelzentren und
in Gemeinden mit guter Verkehrsanbindung zugelassen werden sollen, ist abwegig“,
so der Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Herr Möller. Gerade in die
Scharmützelsee-Region so Möller weiter zögen viele ältere Menschen, „die
schauen nicht auf Gesetze, sondern auf die Umgebung“. Der ganze Plan ist eine
„Bankrotterklärung der Regierung“. Er ist nur auf Berlin ausgerichtet. Man kann
den Leuten doch nicht vorschreiben, wo sie siedeln sollen“, so der Abgeordnete
Herr Friedrich. Der Abgeordnete Herr Kaufmann fügt noch hinzu: „Die Bildung der
Großgemeinden hat seinerzeit schon genug Strukturen vernichtet.“
Die Stellungnahme der
Kreisverwaltung zum Landesentwicklungsplan ging vielen Abgeordneten nicht weit
genug: Das muss noch schärfer formuliert werden“, so ihr Appell. Viele Aussagen
sind im LEP nicht eindeutig, so Herr Thoma. So werden zwar lt. Plan künftig
auch große Gemeinden und Ämter für die Daseinsvorsorge zuständig sein. „Doch
sie müssen auch unterstützt werden“, so Herr Thoma weiter. Kritik äußerten die
Mitglieder des Kreistages sowie die Kreisverwaltung am künftigen System der
zentralen Orte. Demnach soll es im Landkreis künftig nur noch 4 Mittelzentren
geben, z.B. Fürstenwalde, Eisenhüttenstadt, Beeskow und Erkner, jedoch keine
weiteren Gemeinden, die als zentrale Orte eingestuft werden. So würde es
Storkow, Müllrose und Bad Saarow als Grundzentren treffen. Auch Kleinzentren,
wie Friedland, Neuzelle, Brieskow-Finkenheerd, Briesen und Spreenhagen würden
ihre Bedeutung verlieren. Eine weitere Vorgabe in dem überarbeiteten Planwerk
ist, dass Mittelzentren in 30 bis 45 Minuten erreichbar sein sollen. .
Die Bevölkerung wird immer
älter und nicht jeder im ländlichen Raum ist motorisiert. Mittelzentren müssten
in o. g. Zeit mit Bus oder Bahn erreichbar sein.
Herr Rump wies nochmals darauf hin, dass das
bestehende Zentrale-Orte-System im Landkreis Oder-Spree auf der Grundlage des
LEP I vom 06.07.1995 und des sachlichen Teilregionalplans „Zentralörtliche
Gliederung der Nahbereichsstufe, Selbstversorgerorte, Ländliche Versorgungsorte“
(RegPlZÖG) vom 16.10.1997 durch den Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg
(LEP B-B) erst abgelöst wird, wenn dieser Rechtskraft erlangt.
Die Stellungnahme der Regionalen Planungsgemeinschaft
(RPG) Oderland-Spree wurde in der 8. Sitzung der Regionalversammlung
Oderland-Spree am 05.11.2007 beschlossen, nachdem diesbezüglich bereits
Erörterungen in den Sitzungen der Ausschüsse der Regionalen
Planungsgemeinschaft Wirtschaft und Verkehr (19.10.2007) sowie
Siedlungsstruktur/Natur und Umwelt (26.10.2007) stattfanden. In diesen Gremien
sind anteilig auch Mitglieder bzw. Mitarbeiter des Kreistages und des
Dezernates für Kreisentwicklung, Umwelt und Bauen des Landkreises Oder-Spree
vertreten. Herr Rump verwies in diesem Zusammenhang auch auf die gute Zusammenarbeit
mit den Kolleg(inn)en im Amt für Kreisentwicklung.
Ein Schwerpunkt der RPG-Stellungnahme ist die zur
Sicherung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum erforderliche Beibehaltung der
3. zentralörtlichen Ebene der Grundzentren.
Ein weiteres Handlungsfeld
aus Sicht der RPG sind die im LEP B-B-Entwurf definierten Mittelzentren in
Funktionsteilung, die aber nicht in der Region Oderland-Spree vorgesehen sind.
Dabei benötigt das dicht besiedelte östliche Berliner Umland einen spezifischen
Planungsansatz als Handlungs- und Kooperationsraum. Das Zentrenkonzept im LEP
B-B wird laut Herrn Rump diesem Anspruch nicht gerecht.
Im Raum Erkner,
Grünheide, Schöneiche b. Bln., Woltersdorf und Rüdersdorf b. Bln besteht neben
der Ausweisung von Mittelzentren in Funktionsteilung auch die Möglichkeit der
Ausweisung eines mittelzentralen Versorgungsraumes, in dem die
funktionsteiligen Stärken im östlichen Berliner Umland gemeinsam weiter
entwickelt werden.
Weiterhin wurde durch Herrn
Rump die im Stadt-Umland-Zusammenhang von Berlin und Potsdam ausgewiesene
Plankategorie „Gestaltungsraum Siedlung“ thematisiert. Aus der Darstellung im
LEP B-B-Entwurf ist zu entnehmen, dass sich die Gemeinden Rüdersdorf b. Bln.,
Schöneiche b. Bln. und Woltersdorf außerhalb der „Achsen leistungsfähiger
Schienenradialen“ befinden, an denen sich die Siedlungsentwicklung zukünftig
vollziehen soll. Besonders hervorzuheben sind hier jedoch die Schöneicher-Rüdersdorfer-
und Woltersdorfer Straßenbahn als leistungsfähige Schienenverbindungen entlang
der gewachsenen Siedlungsachse zum Berliner S-Bahnnetz.
Aktuell
vorliegende wissenschaftliche Publikationen, wie die von Herrn Prof. Winkel von
der TU Dresden zur Sicherung und Weiterentwicklung der öffentlichen
Daseinsvorsorge, (an Herrn Möller übergeben) stützen laut Herrn Rump die o. g.
Standpunkte der RPG Oderland-Spree.