Beschlussvorschlag:
1.
Der
Kreistag lehnt sowohl die Auflösung des Landkreises Oder-Spree und die
Neubildung eines Landkreises Oder-Spree unter Einbeziehung der Stadt Frankfurt
(Oder) als auch das dafür gewählte Verfahren ab (§§ 1 und 7 des
Referentenentwurfs).
Das Ergebnis wäre ein finanziell geschwächter Landkreis. Die übrigen
kreisangehörigen Städte und Gemeinden würden durch drastische Steigerungen bei
der Kreisumlage finanziell stark eingeschränkt und wirtschaftlich erheblich
leiden.
Für die auch verfahrensseitige Benachteiligung des Landkreises Oder-Spree ist
„Einkreisung“ eine irreführende Bezeichnung.
- Der Kreistag
beschließt die im Anhang befindliche Stellungnahme der Verwaltung.
Begründung:
Zu
dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien
Städten im Land Brandenburg und zur Änderung anderer Gesetze nimmt der Landkreis
Oder-Spree nach intensiver Prüfung und Beratung und Abstimmung im Kreistag wie
folgt Stellung:
Sofern
der Referentenentwurf wie vorgelegt Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens
wird, werden sich daraus erhebliche Nachteile für die Entwicklung des
Landkreises Oder-Spree und der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ergeben.
Der Referentenentwurf ändert deshalb nichts an der Auffassung des Landkreises
Oder-Spree, dass eine Kreisneugliederung in dieser Form abgelehnt wird. Wir
knüpfen dabei an die Ihnen vorliegende Stellungnahme des Kreistages zum
Leitbildentwurf vom März 2016 an. Leider fanden die meisten darin enthaltenen
Vorschläge im weiteren Prozess keine Beachtung.
Als
wichtigste Voraussetzung für das aktuelle Gesetzesvorhaben fehlt, dass das
Neugliederungsvorhaben für die Landkreise und kreisfreien Städte konsequent auf
einem Funktionalreformgesetz aufbaut. Die Ebene der Landkreise soll neu
geordnet werden, ohne dass Klarheit besteht, welche Aufgaben zukünftig dort
angesiedelt werden. Das betrifft auch die Ebene der Städte und Gemeinden ein.
Ihre Stärkung soll erst in einem nächsten Reformschritt nach 2019 kommen.
Dieses Abweichen vom ursprünglichen Reformansatz ist abzulehnen, weil bereits
bei der Kreisgebietsreform 1993/1994
inhaltlich der Annahme gefolgt wurde, dass alle bürgernahen Verwaltungsfunktionen
durch die kommunale Ebene erfüllt würden, damit einer großräumigen
Kreisgliederung auch praktische Gründe der leichteren Erreichbarkeit der
Kreisverwaltung nicht mehr entgegen stehen.
Aus
Sicht des Landkreises Oder-Spree erweist er sich als regelungstechnisch
unbrauchbar
für
die praktische Anwendung. Darüber hinaus wird der Landkreis Oder-Spree, der
nach den Vorstellungen des Gesetzesentwurfs mit der bisher kreisfreien Stadt
Frankfurt (Oder) fusionieren soll, ohne nachvollziehbare Gründe einseitig
belastet. Die regelungstechnische Ausgestaltung dieses Fusionsfalls erscheint
aus Sicht des Landkreises, wo bei Aufhebung der Kreisfreiheit einer Stadt
lediglich einzelne Kreisaufgaben auf den Landkreis übertragen werden sollen und
die Stadt Frankfurt (Oder) als kreisangehörige Stadt in ihrem bisherigen Bestand
weiter existiert, unverhältnismäßig zu sein und damit der einschneidende
Eingriff in die Selbstverwaltungsrechte ohne Rechtfertigung zu sein. Zur
Begründung wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen.
Die
Terminstellung wird seitens der Abgeordneten bemängelt. Ohne Sachgrund seitens
des Ministeriums einen derartigen Termindruck aufzubauen, setzt ehrenamtliche
Gremien bei der Diskussion und Verabschiedung einer Stellungnahme einem enormen
Arbeitspensum aus. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass trotz formaler
Beteiligung eine tiefere Befassung der Betroffenen mit den Regelungsinhalten
des Gesetzes nicht erwünscht ist. Hinzu kommt, dass im parlamentarischen
Verfahren ohnehin eine erneute Anhörung notwendig werden wird, denn ohne
erhebliche Verbesserungen wird dieser Entwurf weder auf Akzeptanz stoßen, noch
umsetzbar sein.
Um
zu einer zutreffenden Einschätzung der Auswirkungen des Gesetzes zu kommen,
soll zunächst einmal ein Blick auf die Ausgangslage des Landkreises Oder-Spree
geworfen werden.
Dieser
ist in der Gebietsreform des Jahres 1993 aus den Landkreisen Fürstenwalde,
Beeskow und Eisenhüttenstadt und der damals kreisfreien Stadt Eisenhüttenstadt
entstanden. Im Hinblick auf die Aufhebung der Kreisfreiheit einer Stadt hat der
Landkreis Oder-Spree also spezifische Erfahrungen. Diese lassen einen
kritischen Blick auf die „handwerkliche Machart“ des Gesetzesentwurfes zu,
worauf infolge noch einzugehen ist.
Dabei
schlagen positive Erfahrungen aus der Gebietsreform 1993 genauso zu Buche, wie
negative Erfahrungen, da das Zusammenwachsen des damals entstandenen
Landkreises Oder-Spree durch vermeidbare Fehler des Gesetzgebers im
Neugliederungsprozess stark behindert wurde. Hierdurch wurden die Stadt
Eisenhüttenstadt und der Landkreis Oder-Spree im Grunde genommen in
gerichtliche Auseinandersetzungen sowohl vor den Verwaltungsgerichten als auch
dem Landesverfassungsgericht getrieben, die nicht nur viel Kraft gekostet
haben, sondern auch eine rechtskonforme und zukunftsfähige Regelung der Aufgabenwahrnehmung
durch die lange Prozessdauer hinausgezögert haben. Dass dies allen Beteiligten
auch viel Geld gekostet hat, was sie nicht ersetzt bekommen haben, wurde von
der Stadt Eisenhüttenstadt und dem Landkreis Oder-Spree der Enquetekommission
des Landtages Brandenburg in einer gemeinsamen Anhörung einvernehmlich
dargelegt.
Zu
den positiven Auswirkungen des damaligen Neugliederungsprozesses gehört
sicherlich die Entwicklung des Landkreises Oder-Spree zu einem leistungsfähigen
Kreis. Dabei war die Entwicklung keineswegs einheitlich, sondern gerade in den
ersten Jahren von einer angespannten Haushaltslage und
Haushaltssicherungskonzepten begleitet. Dies führte in Zusammenarbeit mit dem
Kreistag zu einer sparsam und wirtschaftlich ausgerichteten Haushaltswirtschaft.
In den letzten Jahren konnten durchweg ausgeglichene Ergebnisse erzielt werden;
die von den Gemeinden des Landkreises erhobene Kreisumlage zählt trotzdem zu
den niedrigsten im Land Brandenburg. Der Landkreis Oder-Spree ist zudem in der
Lage im gesamten Kreisgebiet in die Infrastruktur mit dem Schwerpunkt
Bildungsbereich zu investieren. In allen aktuellen Querschnittsprüfungen wurde
dem Landkreis Oder-Spree zudem immer ein sparsamer Personaleinsatz bescheinigt.
Die vergütungsrechtlichen Einstufungen hatte der Landkreis zudem in der
Vergangenheit flächendeckend durch einen Externen überprüfen lassen und dieses
System auch beibehalten.
Wenn
man die Leitlinien für das aktuelle Neugliederungsvorhaben des Landes
Brandenburg betrachtet, erreicht der Landkreis Oder-Spree bereits jetzt alle
„Stabilitätskriterien“. Er hat keine Kassenkredite, er kann die notwendigen
Investitionen realisieren und benötigt keine ergänzenden Landeszuweisungen.
Allein wird ihm in den Leitlinien bescheinigt, dass er in der Zukunft „nur“
noch eine Einwohnerzahl von 160.672 aufweisen wird. Diese Entwicklung kann aber
durchaus angezweifelt werden, als auch die Landesstatistik bereits ab dem Jahr
2014 wieder von steigenden Einwohnerzahlen ausgeht. Dieser Trend hat sich in den
Jahren 2015 und 2016 verstärkt. Die Prognose, die für den Landkreis Oder-Spree
Handlungsbedarf für eine Neugliederung belegen soll, erscheint mit den
aktuellen Entwicklungen nicht begründbar.
Dies
wird auch durch den gerade aktuell vorgelegten Demographiebericht der
Bundesregierung untermauert. Dieser geht nunmehr im Gegensatz zu allen
bisherigen Prognosen von einer bundesweit bis 2060 stabilen Bevölkerung aus.
Selbst wenn noch regional differenzierte Betrachtungen notwendig sein mögen,
lässt sich in der Pauschalität, wie es der Referentenentwurf gebraucht, das
Demographieargument nicht mehr zur Begründung der Notwendigkeit der Reform
einsetzen.
Abgesehen
davon geht das Neugliederungsgesetz im Fall Prignitz-Ruppin davon aus, dass
auch eine Einwohnerzahl unter dem Regelwert von 175.000 Einwohnern
leitbildgerecht sein kann.
Aber
selbst dem im Gesetzentwurf prognostizierten Bevölkerungsrückgang wäre nach
bisherigen Überlegungen mit Anpassungen des Personalkörpers an die
demographische Entwicklung und durch interne Organisationsänderungen zu
begegnen gewesen, so dass auch in Zukunft eine solide Haushaltsführung möglich
wäre.
Damit
dürfte sich aus Sicht des Reformgesetzgebers der Handlungsbedarf in Wahrheit
aus dem vorgesehenen Fusionspartner ergeben. Nun kann der Landesgesetzgeber aus
Gründen des Allgemeinwohls im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens und
verfassungsmäßigen Auftrags solche Überlegungen durchaus anstellen. Allerdings
braucht es dann klare, für den Anwender nachvollziehbare gesetzliche Regelungen
und nachprüfbare Aussagen zu Zielen und wie diese erreicht werden sollen. Hier
gibt es noch deutliche Defizite.
Als
Zwischenfazit bleibt damit festzuhalten, dass der Landkreis Oder-Spree und
seine kreisangehörigen Gemeinden auch jetzt schon zu kraftvoller
Selbstverwaltung in der Lage sind und nicht absehbar ist, dass seine
Leistungsfähigkeit, soweit vorhersehbar, in Zukunft in Gefahr ist. Damit
besteht bei dem schon handwerklich schlecht gemachten Gesetzesentwurf die ganz
überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Landkreis Oder-Spree bei dieser guten
Ausgangssituation nach einer Reform schlechter dasteht als zuvor. Der
Entwurfsverfasser hat keine Sachgründe dafür vorgetragen geschweige denn
belastbar Beweis dafür angetreten, dass es durch eine Reform zu Verbesserungen
für den Landkreis Oder-Spree kommt.
Damit
würde das im Gesetzesentwurf selbst proklamierte Verbesserungsgebot verletzt.
Der
aktuelle Referentenentwurf wird diesem Anspruch nicht gerecht. Die darin
enthaltenen Regelungen sind nicht geeignet, den Akteuren vor Ort als
verlässliche und rechtssichere Anleitung für die Umsetzung der Reform zu
dienen. Die einzelnen Normen sind in weiten Teilen geprägt durch vielfältige
und weitgehende Verweise innerhalb des Gesetzes und auf andere Gesetze sowie
durch Ausnahmen und Rückausnahmen, die in der Praxis zu erheblichen
Anwendungsproblemen führen werden. Die daraus folgenden Interpretationsspielräume
werden bei den sich abzeichnenden gegensätzlichen Interessenlagen zu einer
Vielzahl von Streitigkeiten führen, die eine gerichtliche Klärung erfordern
werden. Dies wird einen Fusionsprozess erheblich erschweren.
Der
Gesetzesentwurf differenziert nicht genügend nach den Ausgangslagen, ob mehrere
Landkreise zusammengelegt werden oder eine Stadt lediglich ihre Kreisfreiheit
verliert. Beide Konstellationen werden ohne Rücksicht auf ihre Besonderheiten
gleich behandelt. Anders als bei einem Zusammenschluss von gleichartigen
öffentlichen Körperschaften - wie Landkreisen - ist eine vorherige Auflösung
des flächen- und einwohnermäßig wesentlich größeren Landkreises und Neubildung
eines neuen Landkreises mit demselben Namen nicht geboten. Der Landkreis übernimmt
von der ehemals kreisfreien Stadt lediglich einen (Teil-) Bereich der
Kreisaufgaben, die Stadt existiert als große kreisangehörige Stadt weiter und
behält auch ihre gemeindlichen Selbstverwaltungsaufgaben.
So
beträgt im Anschluss an die vom Gesetzgeber gewollte Aufhebung der
Kreisfreiheit der Einwohneranteil der Stadt (57.719 EW per 30.11.2014) am neuen
Landkreis Oder-Spree (177.968 EW per 30.11.2014) weniger als 25 %, auch bei den
Prognosen für 2030. Für diese „neuen“ Einwohner nimmt der neugebildete
Landkreis Oder-Spree seine Kreisaufgaben wahr, wobei nach § 11 des
Gesetzentwurfs dauerhaft sogar 11 Aufgaben bei der einzukreisenden Stadt
Frankfurt (Oder) verbleiben. Da der neue Landkreis Oder-Spree Gesamtrechtsnachfolger
des alten Landkreises Oder-Spree werden soll, recht es bei diesem Einwohnerverhältnis
aus, die Kreisfreiheit der Stadt aufzuheben und per Gesetz die Kreisaufgaben dem
bestehenden Landkreis Oder-Spree zu übertragen.
Der
Gesetzesbegründung (S. 112/113) ist zu entnehmen, dass im Fall der Aufhebung
der Kreisfreiheit einer Stadt keinerlei zwingende Gründe bestehen, nach denen
die Auflösung und Neubildung der aufnehmenden Landkreise alternativlos geboten
ist. Vielmehr wird zur "Neubildungsvariante" sehr allgemein auf
"verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Gründe" verwiesen,
die eine Neubildung "angezeigt" erscheinen lassen. Daneben wird die
Vermutung angestellt, dass "Akzeptanzprobleme" vermieden und das
Zusammenwachsen befördert werde.
Gerade
beim Landkreis Oder-Spree, der ausschließlich mit der Stadt Frankfurt (Oder)
fusionieren soll, bedarf es zur verfassungskonformen Ausgestaltung dieses
Fusionsfalls keineswegs einer Auflösung des aufnehmenden Landkreises. Dies gilt
umso mehr, als diese Auflösung und Neubildung mit schwerwiegenden und
verfassungsrechtlich nicht begründbaren Eingriffen in die Organisations-,
Personal- und Finanzhoheit des Landkreises Oder-Spree verbunden ist.
Für
den Neugliederungsfall Landkreis Oder Spree – Frankfurt/Oder ist die
Einrichtung eines Fusionsgremiums mit den vorgesehenen Entscheidungskompetenzen
nicht verständlich. Obwohl die Stadt nicht einmal ein Viertel der Einwohner des
neuen Landkreises Oder-Spree hat und sogar einen Teil der kreislichen Aufgaben
behält, sollen die Vertreter der Stadt im Gremium über den Aufbau und die
Organisation des (gesamten) neuen Landkreises Oder-Spree mitentscheiden.
Hier
wird ein den anderen Umlandgemeinden nicht eingeräumter, ungerechtfertigter
Einfluss auf die Selbstverwaltung des Landkreises festgeschrieben, der nach dem
Gesetzesziel für eine Kreisneugliederung nicht notwendig und unverhältnismäßig
ist. Neben Fragen wie die der Zusammenführung von Aktenbeständen und der
Umstellung der Briefköpfe umfasst das Aufgabenspektrum des Gremiums
Entscheidungen über die Unterhaltung von Nebenstandorten, Nutzung von
Liegenschaften, Verwaltungsorganisation, Festlegung von Zuständigkeiten,
Aufstellung eines Geschäftsverteilungsplans, Verhandlungen über den Übergang
von Geschäftsanteilen der Stadt (vgl. § 41) und Vorbereitung der
Zusammenführung von Unternehmen mit vergleichbarer Aufgabenstellung (§ 42).
Entscheidungen werden mit einfacher Mehrheit gefasst. Hier werden der künftig
kreisangehörigen Stadt Mitsprache- und Entscheidungsrechte hinsichtlich der Organisationsstruktur
des Landkreises bei der Wahrnehmung von Kreisaufgaben eingeräumt, für welche
die Stadt gar nicht mehr zuständig sein wird und von denen sie ja gerade
entlastet werden soll.
Dies
gilt auch und insbesondere für die Aufgaben der Grundsicherung, wo der
Landkreis Oder-Spree sog. Optionskommune ist.
Gerade
letzterer Aspekt hat für den Verwaltungsaufbau in der Vergangenheit
entscheidende Auswirkungen gehabt. Der Landkreis hat wegen dieser Aufgabe ein
Außenstellennetz über den Landkreis gespannt, um den Betroffenen, die nur wenig
Geld zur Verfügung haben, einerseits weite Wege zu ersparen und andererseits
durch die Arbeit vor Ort bestmögliche Betreuungs- und Vermittlungsergebnisse zu
erzielen. Die Gründe für diesen Verwaltungsaufbau hängen damit von den
wahrzunehmenden Aufgaben und deren Organisation ab.
Die
Auflösung des Landkreises Oder-Spree und die Bildung eines paritätischen
Fusionsgremiums stellen damit einen unzulässigen Eingriff in die Gebiets-,
Planungs- und Organisationshoheit des bestehenden Landkreises Oder-Spree dar.
Die Verpflichtung zum Abschluss von Vertragsregelungen könnte dort, wo es
notwendig ist, auch von den an der Fusion beteiligten Körperschaften geregelt
werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die genauere (und beschränkende) Regelung
der Zuständigkeiten des Fusionsgremiums in diesem speziellen Fusionsfall.
Ein
weiterer Nachteil der Auflösung und Neubildung ergibt sich aus § 19 des
Entwurfs. Danach sind der Landrat und die Beigeordneten für den neu gebildeten
Landkreis zu wählen. Im Falle einer gesetzlich lediglich angeordneten Aufhebung
der Kreisfreiheit der Stadt Frankfurt (Oder) würde sich eine -innerhalb von 3
Jahren- weitere Neuwahl des Landrates erübrigen. Der Landrat des Landkreises
Oder-Spree wurde wegen des Ausscheidens des Vorgängers nach gescheiterter
Direktwahl gerade erst im Januar 2017 gewählt. Dabei gibt es bei dem
Zusammenschluss lediglich eines Landkreises mit einer bisher kreisfreien Stadt
kein eigentliches Konkurrenzverhältnis, da es nach der Sprache des
Gesetzentwurfes keine "überzähligen" Wahlbeamten geben wird. Die
Wahlbeamten der Stadt haben nach der Fusion ihre Aufgabe ebenso weiter bei der
als große kreisangehörige Stadt weiter existierenden Stadt Frankfurt (Oder)
wahrzunehmen, wie es auch auf Kreisebene keine „überzähligen“ Wahlbeamten gibt.
Das allgemein angeführte Argument, dass prinzipiell alle Wahlberechtigten den
Landrat wählen müssen, ist gerade vor dem Hintergrund der im Dezember gewonnenen
Erfahrung, dass weniger als 20 % der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht bei
der Stichwahl auch Gebrauch gemacht haben, zu beurteilen. Danach wäre es
zumindest vertretbar, bis zum Ablauf der Amtszeit mit der Neuwahl zu warten.
Vergleichbares
gilt im Falle des § 20 Abs. 1, wonach „überzählige“ Beamte auf Zeit aus dem
aufgelösten Landkreis Oder-Spree entweder in den einstweiligen Ruhestand
versetzt werden oder als abgewählt gelten. Damit entsteht Verwaltungs- und
Finanzaufwand im Zusammenhang mit den Beamten auf Zeit, die bei den Wahlen im
neugebildeten Landkreis Oder-Spree nicht zum Zuge kommen, während die
Wahlbeamten der Stadt Frankfurt (Oder) ihren Status behalten und ihre Wahlzeit
ableisten können. Bei einer schlichten Aufhebung der Kreisfreiheit für die
Stadt Frankfurt (Oder) müssten keine neuen Beamten auf Zeit im bestehenden LOS
gewählt werden.
Nach
§ 18 Gesetzentwurf kann bei Ausscheiden des Landrates oder eines Beigeordneten
der Kreistag statt einer Neuwahl den bisherigen Amtsinhaber oder einen anderen
Bewerber bis zu dem Tag vor der Kommunalwahl (Mitte 2019) wählen. § 18 tritt
gemäß Art. 5 des Gesetzes am Tage nach der Verkündung in Kraft. Das Gesetz ist
noch nicht verkündet, so dass die im Januar 2017 erfolgte Wahl eines neuen
Landrates für den Landkreis Oder-Spree von dieser Regelung nicht betroffen ist.
Allerdings
ist die Wahlzeit nach § 44 bis zum Tag der nächsten Kommunalwahlen (Mitte 2019)
befristet. Würde die Stadt lediglich ihre Kreisfreiheit verlieren, hätte das auf
die Wahl- und Amtszeit des Landrates keine Auswirkungen.
Durch
die Regelung in § 20 könnten in erheblichen Umfang Versorgungslasten für
ausscheidende Beamte auf Zeit begründet werden. Der Gesetzesentwurf geht
offensichtlich davon aus, dass diese vom Landkreis übernommen werden sollen.
Dieser Regelungsansatz erscheint aber nicht akzeptabel. Die Ursache für das
Ausscheiden und den vorzeitigen Ruhestand der Beamten auf Zeit setzt das Land
mit dem Reformgesetz. Dann ist es auch in der Verantwortung, die dafür
notwendigen Kosten zu tragen.
§
17 des Entwurfs unterbindet ab Inkrafttreten (im Laufe des Jahres 2017)
grundsätzlich Personalmaßnahmen des bestehenden Landkreises Oder-Spree, um
langfristige Auswirkungen auf den Personalhaushalt der neuen Körperschaft zu
vermeiden. Es würde nach der Gesetzesbegründung ansonsten angeblich die Gefahr
gesehen, dass der neue Landkreis in seiner Personalhoheit und etwaigen
personellen Neuausrichtung beschnitten werde. Ausnahmen sollen nur im
Einvernehmen der beteiligten Körperschaften und mit Genehmigung des MIK möglich
sein. Nach § 17 Abs. 3 gilt das auch für die Stadt, soweit kreisliche Aufgaben
betroffen sind.
Diese
Regelung ist erkennbar auf den Zusammenschluss von Landkreisen mit gleichem
Aufgabenbestand ausgerichtet. Der neue Landkreis soll bei der Zusammenführung
vor einem personellen Überhang und den damit verbundenen Kosten geschützt
werden. Eine solche Gefahr besteht bei der Einkreisung der Stadt Frankfurt
(Oder) in dieser Allgemeinheit nicht. Personalmaßnahmen des Landkreises Oder-Spree,
die nicht die Wahrnehmung der künftig zu übernehmenden Aufgaben der Stadt
betreffen, dürfen nicht vom Einvernehmen der Stadt und einer Genehmigung des
MIK abhängen. Es fehlt an einer Abwägung und Differenzierung anhand der
unterschiedlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zwischen Landkreis
und kreisfreier Stadt. In der weitgehenden Regelung sieht der Landkreis
Oder-Spree einen unzulässigen Eingriff des Gesetzes in die Personal-, Finanz-
und Organisationshoheit des noch bestehenden Landkreises Oder-Spree.
Hier
handelt es sich auch um kein geringes Problem. Um die aus unterschiedlichsten
Sachgründen notwendige Flexibilität beim Personalbestand zu wahren, hat der
Landkreis bestimmte Stellen nur befristet besetzt.
In
der praktischen Auswirkung entsteht nun seitens der Fachämter der Druck,
sämtliche befristeten Arbeitsverhältnisse bis zur Verkündung des Gesetzes
vorschnell zu entfristen. Das könnte später auch in Bereichen, die nicht von
der Stadt übernommen wurden, zu einem ungewollten Personalüberhang führen und
wäre kontraproduktiv.
Noch
ungünstiger wirkt sich die Situation bei den Auszubildenden aus, denn nach § 23
des Entwurfs gilt das Einstellungsverbot auch für Ausbildungsverhältnisse. Das
könnte bedeuten, dass der Landkreis Oder-Spree die ihre Ausbildung im August
2017 beendenden Auszubildenden nicht einstellen und auch keine neuen Ausbildungsverhältnisse
eingehen dürfte; es sei denn, die Stadt und das MIK stimmen jedem einzelnen
Vertrag zu. Damit wäre die Kreisverwaltung für 2 Jahre an den Rand der
Handlungsunfähigkeit gedrängt.
Die
Begründung im Entwurf zu § 17 Abs. 4 zur Anwendung der „Wohlverhaltensregeln“
auch bei einer Einkreisung, dass ansonsten die Gefahr bestehe, dass der
aufnehmende Landkreis durch Einzelpersonalmaßnahmen den Personalübergang aus
der eingekreisten Stadt erschwert und damit etwa Schlüsselpositionen für die
Wahrnehmung kreislicher Aufgaben mit eigenem Personal besetzt, überzeugt in
dieser Pauschalität nicht. Es ist schon nicht nachvollziehbar, welche konkrete
Personalmaßnahme, die sich nicht auf eine zu übernehmende Aufgabe bezieht,
damit gemeint sein könnte. Letztlich bleibt das in der Entwurfsbegründung nur
allgemein beschriebene Szenario reine Spekulation und rechtfertigt mit Blick
auf den Übernahmeanspruch der mit den übergehenden Aufgaben befassten
Beschäftigten (§ 21) nicht den unbeschränkten Eingriff in die Selbstverwaltungshoheit
des Landkreises Oder-Spree.
Zulässig
und angemessen dürfte die entsprechende Anwendung des für die Stadt Frankfurt
(Oder) geltenden § 17 Abs. 4 auch auf den Landkreis sein. Nach dieser
Vorschrift ist die Personalhoheit der Stadt nur für solche Maßnahmen
eingeschränkt, die Aufgaben berühren, die auf den Landkreis übergehen.
Allenfalls ein solches begrenztes Personalmaßnahmeverbot wäre auch für den
Landkreis Oder-Spree verhältnismäßig. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich,
die Beschneidung der städtischen Personalhoheit auf die abzugebenden Aufgaben
zu beschränken, Personalmaßnahmen des Landkreises Oder-Spree hingegen in Bezug
auf sein gesamtes Aufgabenspektrum der Zustimmung der Stadt Frankfurt (Oder) zu
unterwerfen.
Offen
lässt der Entwurf in § 17, welche Organe von Landkreis und Stadt für die
Herstellung des Einvernehmens zu Personalmaßnahmen zuständig sein sollen. Hier
könnte ein Rückgriff auf das paritätisch besetzte Fusionsgremium helfen,
welches schon originär mit Personalfragen befasst ist und in Angelegenheiten
des Landrates - zu denen die Personalbeschaffung/Stellenbesetzung gehört -
Entscheidungskompetenz besitzt.
Zur
Regelung des § 11 ist allein erfreulich, dass der Gesetzgeber insoweit Lehren
aus der Vergangenheit gezogen hat, als er die zwischenzeitliche Diskussion, ob
auch die Aufgaben nach dem KJHG bei einer einzukreisenden Stadt verbleiben
können, beendet hat und dies nicht vorgesehen hat.
Allerdings
sieht der Gesetzesentwurf wiederum eine Zersplitterung der „kreislichen“ Zuständigkeiten
vor. Unter dem Gesichtspunkt einer bestmöglichen Aufgabenwahrnehmung sowie
optimaler Wirtschaftlichkeit wird gerade bei spezialisierten Aufgaben die
Aufgabenerfüllung erschwert.
Der
Landkreis Oder-Spree hat von der Stadt Eisenhüttenstadt eine ganze Anzahl durch
das Aufgabensicherungsgesetz von 1993 vorbehaltenen Aufgaben auch unter dem
Eindruck der gegenwärtigen Neugliederungsdiskussion durch individuelle
öffentlich-rechtliche Vereinbarungen nach GKG übernommen. Dies betrifft
insbesondere die Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde und der Ausländerbehörde erst
vor relativ kurzer Zeit. Wenn diese Aufgaben bei einer Einkreisung bei der Stadt
Frankfurt (Oder) verbleiben, sollte von
vornherein klargestellt sein, dass Aufgabenverantwortung und
Finanzierungsverantwortung zusammengehören. Dies gilt auch für vom Land übertragene, aber nicht ausreichend
ausfinanzierte Aufgaben, was z.B. für die Aufgaben nach der brandenburgischen
Bauordnung zutrifft.
Ungeklärt
scheint nach dem Gesetzesentwurf auch die Finanzierung der privilegierten
Aufgabenwahrnehmung durch die eingekreiste Stadt. Eine Finanzierung durch den
aufnehmenden Landkreis ist von vornherein auszuschließen, da dies grundlegend
der gesamten Finanzierungssystematik im kommunalen Bereich widersprechen würde.
Der Landkreis Oder-Spree ist in diesem Punkt zudem besonders sensibel, da er in
Folge der Kreisgebietsreform von 1993 seine Rechte vor den Verwaltungsgerichten
und dem Verfassungsgericht durchsetzen musste. Die daraus folgende Unsicherheit
für alle Beteiligten sollte dringend vermieden werden.
Auch
nach dem Studium der Gesetzesbegründung lässt sich nicht so richtig
nachvollziehen, welche Streitigkeiten um die Einordnung von Kreisaufgaben vor
den Verwaltungsgerichten geklärt werden sollen (§ 11 Abs.1 Satz 4). Da es sich
bei den hier in Rede stehenden „Kreisaufgaben“ regelmäßig um vom Land zur
Erledigung an eine Verwaltungsebene zugewiesenen Aufgaben handelt, müsste man
doch davon ausgehen können, dass das Land als Übertragender am besten weiß, wen
es mit der Erledigung betraut hat. Auch ansonsten werden regelmäßig Kriterien
wie ein besonderer Status z.B. als große kreisangehörige Stadt oder bestimmte
Einwohnerzahlen gewählt. Die Betroffenen angesichts dieser Ausgangslage hier
auf den nicht unbedingt für seine Schnelligkeit bekannten „direkten Weg“ zu den
Verwaltungsgerichten zu verweisen, scheint keine gute Idee. Hier wäre eine
klare Regelung durch das übertragende Land ggf. durch Gesetz erheblich
hilfreicher.
Es
könnte sich fast der Eindruck aufdrängen, die Betroffenen sollen sich in
gerichtlichen Auseinandersetzungen aufreiben.
Der
Gesetzgeber als Übertragender ist daher aufgefordert, die übergehenden
Kreisaufgaben vollständig zu erfassen und enumerativ den aufnehmenden
Landkreisen zuzuweisen. Nur auf diesem Weg lassen sich langwierige
Auseinandersetzungen vermeiden und wird für alle Beteiligten die erforderliche
Klarheit und Verlässlichkeit geschaffen, die im Zweifelsfall besser für das
Zusammenwachsen und die Akzeptanz sorgen
kann.
Die
in der Begründung gegebenen Beispiele erwecken auch einen widersprüchlichen Eindruck.
Auf der einen Seite wird in der Begründung angeführt, dass „eine Aufgabe wie
etwa die Wahrnehmung des öffentlichen Personennahverkehrs nicht ausschließlich
als kreisliche Aufgabe konzipiert ist, sondern auch weiterhin unter bestimmten
Voraussetzungen als örtliche Aufgabe weitergeführt werden kann.“ (vergl. S. 422
Entwurf)
Es
drängt sich die Frage auf, was unter den „bestimmten Voraussetzungen“ zu
verstehen ist.
Was
sind die Folgen bei einer Einordnung als örtliche Aufgabe? Auch hier gehören
Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung zusammen, wenn das ganze funktionieren
soll.
Soweit
bekannt, gibt es im Land Brandenburg keine sog. Eigenwirtschaftlichen Verkehre,
d.h. solche, die ohne öffentliche Förderung betrieben werden. Regelfall im ÖPNV
sind gemeinwirtschaftliche Verkehre, die durch die Aufgabenträger
subventioniert werden. Auch der Landkreis Oder-Spree hat heute hierfür
erhebliche Haushaltsmittel in Millionenhöhe aufzubringen.
In
der Begründung zu § 41 (S. 461 Entwurf) soll dann aber durch den Übergang von Geschäftsanteilen
ein Aufgabenübergang im Bereich ÖPNV und Abfall aber jedenfalls erfolgen. Hier möchte das
Innenministerium „die im Interesse des öffentlichen Wohls erforderlichen
Bestimmungen“ des Übergangs sogar durch Verwaltungsakt regeln, wenn ein
öffentlich-rechtlicher Vertrag nicht zustande kommt. Ob sich die
Verwaltungsgerichte bei ihrer Terminplanung wohl nach der Frist des § 41 Abs. 1
des Entwurfs richten?
Was
für Fälle der Entwurf (vergl. S. 462) im Sinne hat, wenn er für den Übergang
der Geschäftsanteile eine Entschädigung festsetzen will, bleibt auch im
Dunkeln. Im Zweifelsfall ist schwer vorstellbar, welchen Wert so ein Anteil
hat, wenn jedes Jahr ein erheblicher Finanzbedarf zur Aufgabenerfüllung
aufgebracht werden muss. Hier wäre eher eine Regelung angebracht, wonach der
Landkreis Oder-Spree einen Finanzierungsbeitrag erwarten könnte.
Zur
Regelung durch Verwaltungsakt bleibt festzuhalten, dass der Kommunalaufsicht,
die eine reine Rechtsaufsicht ist, für den Fall eines fehlenden
Vertragsschlusses eine Gestaltungsmacht eingeräumt wird, die ihr nach der
gesetzlichen Aufgabe nicht beizumessen ist. Vielmehr ist der Gesetzgeber
gefordert, die wesentlichen Vorgaben für die vor Ort durch die Beteiligten zu
treffenden Regelungen selbst zu treffen, z.B. die Abgabe von Konzessionen oder
die Übertragung von Eigentum, wie er es z.B. auch im Schulgesetz getan hat.
Ansonsten
bleibt vieles unvollständig geregelt. Hervorzuheben wäre zum Beispiel die Regelung
in § 53 des Entwurfes. So kann es danach durchaus sein, dass "die nach §
14 Abs. 3 Satz 2 gewählte Person" bei einem Zusammenschluss der
vorliegenden Art und einem paritätisch zusammengesetzten Gremium z.B. der
Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt/Oder ist. Dieser beruft dann den Kreistag
ein und führt den Vorsitz bis eine neue Kreistagsvorsitzende oder ein neuer
Kreistagsvorsitzender gewählt ist? Das erscheint doch auf dem Boden der
Kommunalverfassung sehr merkwürdig.
Zu
§ 54 (Auswirkung der Neugliederung auf Sparkassen) besteht für eine
Privilegierung der ehemals kreisfreien Städte kein ersichtlicher Grund. Wenn
nach dem Sparkassengesetz die Trägerschaft nur Landkreise und kreisfreie Städte
und die von ihnen gebildeten Zweckverbände haben können, so hatte diese
Regelung im Hinblick auf eine leistungsfähige Sparkassenlandschaft ihren
Hintergrund. Wenn die Diskussion eröffnet wird, diesen Kreis auszudehnen,
stellt sich die Frage, wo die Grenze sein soll. Schon im Landkreis Oder-Spree
gibt es künftig mehrere große kreisangehörige Städte.
Zu
§ 55 Teilentschuldung ist anzumerken, dass auf den ersten Blick der Landkreis
Oder-Spree im Gegensatz zum Fusionspartner vom Regelungsgegenstand nicht
berührt zu sein scheint. Dies ändert sich aber dann, wenn man der Begründung
entnehmen muss, dass ein Teilbetrag von bis zu 150 Millionen Euro zur
Gegenfinanzierung aus der Finanzausgleichsmasse entnommen werden soll. Damit
werden letztlich alle Gemeinden und Landkreise in eine Haftungsgemeinschaft für
Probleme genommen, deren Verursachung nicht ihnen, sondern neben den Schuldnern
selbst dem Land zuzurechnen ist.
Zu
§ 56 des Gesetzesentwurfes (Transformationskostenpauschale) ist anzumerken,
dass Fusionskosten in jedem Neugliederungsfall anfallen. Wenn der Gesetzgeber
sich dafür entscheiden sollte, den Landkreis wegen der Übertragung eines Teils
der Kreisaufgaben der Stadt Frankfurt (Oder) nicht aufzulösen, wäre der
Gesetzestext anzupassen. Es erscheint zudem eher unwahrscheinlich, dass der
vorgesehene Betrag von 1,5 Millionen Euro ausreichend erscheint. Der Freistaat
Sachsen hat seinen Landkreisen eine Anschubfinanzierung von 10 Millionen Euro
gewährt, also immerhin ein Mehrfaches des in Brandenburg vorgesehenen Betrages.
Dies dürfte der Realität näher kommen.
In
§ 57 des Entwurfes soll der nach § 5,7 oder § 7 neugebildete Landkreis in den
Jahren 2020 bis 2024 einen Standardanpassungszuschuss erhalten. Gerne würde man
ja an Stelle des Landkreises Oder-Spree wegen der Doppelnennung (§7) annehmen,
dass man auch den Zuschuss doppelt bekommt. Richtigerweise soll es wohl § 5, 6
oder 7 heißen.
Die
hierin zum Ausdruck kommende Flüchtigkeit hat allerdings durchaus einen
ernsthaften Hintergrund. Während das Land ständig mit den bisher kreisfreien
Städten alles Mögliche bespricht, z.B. lässt der Innenminister verlautbaren man
könnte sich auch vorstellen, diese könnten auch die Aufgabe des
Rettungsdienstes behalten, wird mit den Landkreisen wie dem Landkreis
Oder-Spree nicht gesprochen, welche Standards wohin angepasst werden sollen.
Auch hier führen die bisher kreisfreien Städte die Diskussion so, dass dies
gerade nicht der Fall sein soll.
Wenn
es aber keine verbindlichen Vorgaben gibt, was in diesem Standardanpassungsprozess
Aufgabe und Ziel ist, lässt sich auch nicht beurteilen, ob denn eine
"jährlich abschmelzende Pauschale" über einen Zeitraum von vier
Jahren für diesen Zweck ausreichend bemessen ist. Es gibt auch keinerlei
offizielle Verlautbarung seitens des Landes an den Landkreis Oder-Spree, um
welche Jahresbeträge es sich denn handeln könnte.
Die
Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen eher, dass mit erheblich längeren
Anpassungszeiträumen zu rechnen ist. Die vorgesehen degressive Ausgestaltung
des Standardanpassungszuschusses erscheint auf diesem Hintergrund nicht
sachgerecht zu sein.
Hier
wird ein mindestens zehnjähriger Zeitraum und zudem eine lineare Ausgestaltung
anzusetzen sein. Zudem ist kurzfristig ein nachprüfbarer und tragfähiger
Vorschlag zur Höhe des Gesamtbetrages des Standardanpassungszuschusses und
dessen Verteilung vorzulegen.
Trotz
der durch diese Regelung indizierten Annahme, dass Standards anzupassen sind,
tritt das Land solchen Aussagen nicht entgegen, sondern verweist auf die
"gesetzlichen Ansprüche" der Bürger.
Die
Erfahrungen des Landkreises Oder-Spree aus der Übernahme der Aufgaben nach dem
KJHG von der Stadt Eisenhüttenstadt zeigen aber, dass hier sehr wohl
unterschieden wurde, was pflichtige Aufgaben sind und wo eigene
überobligatorische Aufgaben wahrgenommen wurden. Letztere hat der Landkreis
weder übernommen noch finanziert.
Damit
scheinen sich zwei mögliche Szenarien aufzutun, die beide kaum auf Gegenliebe
stoßen werden:
Einen
höheren Standard als im sonstigen Kreisgebiet kann der Landkreis nicht
finanzieren. Und der Landkreis Oder-Spree hat mit Fürstenwalde und
Eisenhüttenstadt auch jetzt schon größere Städte. Diese haben sicherlich
gegenüber ländlichen Gemeinden des Landkreises ganz andere und vielleicht auch mehr Bedarfe,
werden irgendwo aber auch für hinzukommende Gemeinden Maßstäbe setzen.
Darüberhinausgehende überobligatorische Aufgabenwahrnehmung wird der Landkreis
nicht finanzieren können. Dies würde in eine Auseinandersetzung mit der Stadt
führen, die das Land gescheut hat.
Sollte
hinter der von Frankfurt/Oder beklagten Unauskömmlichkeit der Finanzzuweisungen
allerdings tatsächlich eine Unterfinanzierung stecken, bringt die Verlagerung
der Aufgaben zum Landkreis Oder-Spree keinen weiteren Effekt, als dass die
Unterfinanzierung bei ihm abgeladen wird.
Dies
wird weder auf Verständnis beim Landkreis Oder-Spree treffen, noch bei seinen
kreisangehörigen Gemeinden, die letztendlich über höhere Kreisumlagen hierfür
mit aufkommen müssten.
Insgesamt
macht der Entwurf den Eindruck, als ob er trotz der langen Vorbereitungszeit
und dem ganzen Diskussionsprozedere unter hohem Zeitdruck überhastet
fertiggestellt wurde. Dass man von der Funktionalreform, die ja mal eine
zentrale Begründung des Landes Brandenburg für den Reformbedarf war, nichts
konkretes mehr hört, passt da ins Bild.
Unter
diesen Voraussetzungen kann der Landkreis Oder-Spree, der für sich alleine
betrachtet auch problemlos und finanziell stabil im Prognosezeitraum dastünde,
nicht für eine Fusion gewonnen werden.
Finanzielle Auswirkungen:
entfällt