Beschlussvorschlag:
Der Kreistag beschließt, dass
die gegen die Wahl des Kreistages am 26. Mai 2019 erhobenen Einwendungen als
unbegründet zurückgewiesen werden. Die Wahl ist gültig.
Sachdarstellung:
Bereits
am 04.06.2019 wandte sich der Wahleinspruchsführer erstmals per E-Mail an den
Kreiswahlleiter und zeigte mit dieser und weiteren E-Mails den folgenden
Sachverhalt an: Er legte einen Screenshot einer privaten Facebook-Seite des
Bürgermeisters der Stadt Fürstenwalde/Spree, Herrn Matthias Rudolph, vor. In
einem Beitrag wird Herr Rudolph dabei gezeigt, wie er einen zusammengefalteten
Stimmzettel in eine Wahlurne einwirft. Der Beitrag enthält zudem einen Aufruf
zum Wählen. Der Zeitstempel für diesen Beitrag zeigt dabei den "26. Mai um
06:37" [Uhr].
Der
Einspruchsführer leitete daraus ab, dass der Bürgermeister bereits vor Öffnung
der Wahllokale um 08:00 Uhr seine Stimme abgegeben habe. Diese Schlussfolgerung
unterstrich er mit weiteren Indizien, wie dem morgendlich typisch niedrigen
Sonnenstand, dem morgendlich verquollenen und unverbrauchten Gesicht von Herrn
Rudolph und dem Datum am Wandkalender: "26.05.2019". Schließlich rügte
der Einspruchsführer das Fotografieren im Wahllokal allgemein.
Mit
Schreiben vom 06.06.2019 erhob der Einspruchsführer form- und fristgerecht
Wahleinspruch gegen das Ergebnis der Kreistagswahl. Es ist bekannt, dass sich
der Einspruchsführer parallel gegen das Ergebnis der Wahl der
Stadtverordnetenversammlung und das Ergebnis der Europawahl mit jeweils einem
Wahleinspruch gewandt hat.
Aufgrund
des Wahleinspruchs hat der Kreiswahlleiter den Kommunalwahlleiter der Stadt
Fürstenwalde/Spree um Stellungnahme gebeten. Dieser befragte die Leiterin der
Wahlbehörde, den Kraftfahrer, der die Wahlunterlagen in das betreffende
Wahllokal brachte, die Wahlvorsteherin des betroffenen Wahllokals 27 sowie den
Bürgermeister selbst. Die Stellungnahmen der genannten liegen sämtlich vor. Aus
diesen ergibt sich der folgende Sachverhalt:
Um
06:30 Uhr waren alle Fahrer der Stadtverwaltung (Fachgruppe Kommunalservice) am
Eingang des Rathauscenters, Bürgerbüro, Am Markt 4. Zwischen 06:30 Uhr und
06:50 Uhr wurden insgesamt 30 mit den Unterlagen für die Wahl (Stimmzettel,
Wählerverzeichnisse usw.) befüllte Wahlurnen aus dem 3. Stock mit dem Fahrstuhl
ins Erdgeschoss transportiert und in die Fahrzeuge geladen.
Zwischen
06:50 Uhr und 06:55 Uhr fuhren alle 8 Fahrer ab und belieferten bis ca. 07:40
Uhr die verschiedenen Wahllokale im Stadtgebiet. Der für das Wahllokal 27 zuständige
Fahrer traf gegen 06:55 Uhr im Wahllokal ein.
Die
Wahlvorsteherin traf sodann um 07:00 Uhr, die 2 für die Frühschicht
eingeteilten Beisitzer gegen 07:20 Uhr ein. Um 07:30 Uhr veranlasste die
Wahlvorsteherin telefonisch die Bereitstellung einer 3. Wahlkabine. Um 07:50
Uhr meldete sie sodann die Bereitschaft des Wahllokals. Um 07:56 Uhr betraten
die ersten Wähler das Gebäude, mussten aber noch bis 08:00 Uhr mit der
Stimmabgabe warten. Um 08:00 Uhr wurde das Wahllokal pünktlich durch die
Wahlvorsteherin geöffnet.
Zwischen
12:00 Uhr und 12:30 Uhr gab Herr Rudolph seine Stimme im Stimmbezirk ab. Dabei
machte die Wahlvorsteherin auf Bitten des Bürgermeisters das besagte Foto von
der Stimmabgabe, nachdem sie sich versichert hatte, dass die Wahlhandlung der
anderen Wähler nicht gestört war, und keine Gesichter anderer Wähler erkennbar
waren. Dieses Foto wurde durch Herrn Rudolph am gleichen Tag um 15:27 Uhr auf
Facebook und auf Instagram eingestellt. Der Kreiswahlleiter konnte den
Facebook-Beitrag einsehen und hat hier den Zeitstempel "26. Mai um
15:37" [Uhr] vorgefunden.
Der
Wahleinspruch gegen die Wahl des Kreistags am 26. 05. 2019 ist zulässig, aber
unbegründet.
Durch
die "Verordnung über den Wahltag und die Wahlzeit der allgemeinen
Kommunalwahlen" vom 15. August 2018 (GVBl. II Nr. 52), ist bestimmt, dass
die Wahllokale am Wahltag um 08:00 Uhr öffnen. Eine Wahlhandlung vor 08:00
Uhr wäre daher unzulässig.
Nach
den übereinstimmenden Aussagen mehrerer Zeugen ist es ausgeschlossen, dass vor
08:00 Uhr ein Foto von Herrn Rudolph bei der Stimmabgabe gemacht wurde.
Vielmehr ist erwiesen, dass das Foto am Wahltag zwischen 12:00 Uhr und 12:30
Uhr entstanden ist und um 15:37 Uhr bei Facebook hochgeladen wurde.
Die
Aufnahme des Fotos im Wahllokal stellt keinen Mangel der Wahlhandlung dar. Das
Fotografierverbot dient der Wahrung des Wahlgeheimnisses. So darf nach § 52
Abs. 3 der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung (BbgKWahlV) in der
Wahlkabine nicht fotografiert oder gefilmt werden. Aufnahmen außerhalb der Wahlkabine
dürfen die Ordnung im Wahllokal entsprechend § 50 BbgKWahlV nicht stören.
Darüber hinaus sind die besonderen Persönlichkeitsrechte von im Wahllokal
befindlichen Personen zu respektieren. Vorliegend wurde ein Foto außerhalb der
Wahlkabine aufgenommen, nachdem sich die Wahlvorsteherin vergewissert hat, dass
das Wahlgeheimnis nicht durchbrochen wurde und andere Wähler in der Ausübung
ihres Wahlrechts weder eingeschränkt noch dargestellt wurden.
Unter
welchen Umständen der Screenshot mit dem Zeitstempel "06:37"
entstanden ist, konnte nachträglich nicht aufgeklärt werden. Es ist jedoch
bekannt, dass Facebook die Zeitstempel an die "Ortszeit" anpasst. So
würde ein Beitrag, der um 15:37 Uhr in Deutschland gepostet würde, an der Ostküste
der USA den Zeitstempel "06:37" erhalten. Durch Änderung der Zeitzone
in den Systemeinstellungen eines Computers lässt sich dieser Effekt ggf.
"simulieren".