Beschlussvorschlag:
Der Kreistag möge
beschließen, dass ein Sonderausschuss zur Untersuchung der Hintergründe der
Arbeit des Jugendamtes und die Verantwortung des Landrates im Fall Hannes
Semisch-Graßmann eingesetzt wird.
In den
Sonderausschuss sollte jede Fraktion zwei kompetente Vertreter entsenden. Der
Sonderausschuss nimmt seine Arbeit in der 2. Kalenderwoche des Januar 2020 auf
und hat seinen Abschlussbericht 3 Monate später dem Kreistag mit Empfehlungen
vorzulegen. Ansprechpartner für die organisatorische Aufstellung des Sonderausschusses ist bis zur Wahl des
Vorsitzenden Herr Bernhard Storek.
Rechtsgrundlage:
Hauptsatzung für den
Landkreis Oder-Spree
Begründung:
Der tragische
Todesfall von Hannes Semisch-Graßmann jährte sich am 26.10.2019. Trotz
mehrfacher Beschäftigung des Petitionsausschusses und zuletzt des Jugendhilfeausschusses
mit dem Fall und einer Gesprächsrunde mit der Familie und einigen am Fall
beteiligten Personen hat es bisher keinen wirklichen Fortschritt bezüglich der
Aufklärung und der Bewertung gegeben. Um gegenüber der Familie und der sehr
interessierten Öffentlichkeit (s. Artikel in der MOZ v. 14.10. 19; Fall Hannes:
Mutter wartet weiter auf Antworten) eine baldige und ausgewogene Antwort zu
geben, ist eine Aufklärung nicht nur durch den Landrat und das Jugendamt
geboten, sondern auch durch den Kreistag und die betreffenden
Ausschüsse.
Der Landrat
hat in der letzten Sitzung des Kreistages seine Position und Sichtweisen sehr
ausführlich dargestellt. Wir konnten uns des Eindrucks nicht erwehren, dass
diese sehr einseitig war. Obwohl der Landrat unmittelbar vor der Sitzung des
Kreistages im Petitionsausschuss mehrfach gebeten wurde, nur eine kurze
Erklärung abzugeben, brachte er eine ausführliche Darstellung. Dabei bezog er
sich einseitig auf Gerichtsurteile von
Verwaltungsgerichten, die ihm rechtlich korrektes Handeln im Rahmen von
Verwaltungsrichtlinien bescheinigte. Eine inhaltliche juristische Bewertung
anhand des SGB VIII ist damit noch nicht gegeben.
Familie
Semisch-Graßmann und
die mit dem Fall betrauten Fachleute kamen aus fachlicher Sicht (sozialer,
psychologischer und psychotherapeutischer, pädagogischer Sicht) zu einer
gänzlich anderen Einschätzung der Situation von Hannes bzgl. seines
Hierbleibens oder eines weiteren Aufenthaltes in Kirgisien. Diese Sichtweise
ist den Abgeordneten des Kreistages ebenfalls nahe zu bringen, damit sie sich
ein umfassendes Bild von den damaligen Vorgängen und der dann erfolgten
Entscheidung machen können, die dann so tragisch endete.
Zu fragen ist hier
auch nach den Strukturen im Landratsamt und welche Verbesserungen bei
komplizierten Entscheidungen hilfreich wären. Es sollte sich von selbst
verbieten, eine eventuell durch Anwälte oder Gerichte festgestellte Schadenersatzsumme
als moralisch verwerflich zu lancieren. Solche Aussagen fallen unter den
Datenschutz und sind justitiabel.
Notwendig erscheint
uns auch, dass der Fall nicht nur vom Landrats- und Jugendamt oder den Medien
bewertet wird, sondern auch von den demokratisch gewählten Abgeordneten,
die die Öffentlichkeit vertreten. Deshalb ist es unmöglich, den „Fall Hannes“
unabgeschlossen beiseite zu legen. Unsere Sichtweise darf nicht die sein:
„Hannes ist tot, daran können wir jetzt nichts mehr ändern. Wir müssen nun
unseren Blick nach vorn richten und sehen, dass sich so ein tragischer Fall
nicht wiederholt.“
In
der heutigen Ausgabe der MOZ wird berichtet, dass sich inzwischen auch die
übergeordnete Ebene des Kreistages, der Landtag, mit dem „Fall Hannes“
beschäftigt. „Nun hat sich das zuständige Ministerium eingeschaltet. Man
prüfe den Komplex auf mögliche Fehlentscheidungen der Kreisverwaltung, sagte
ein Sprecher des Jugendministeriums“, heißt es in der heutigen Ausgabe
(04.11.2019). Es wird also Zeit und es ist wichtig, dass sich der Kreistag
damit beschäftigt.
Anlagen:
Antrag der Fraktion AfD
Oder-Spree