Betreff
Der tragische Todesfall von Hannes Semisch-Graßmann und die sehr zögerlich-einseitige Aufarbeitung durch den Landrat und das Jugendamt sowie das große Interesse der Öffentlichkeit und der Medien an dem Fall, ferner die bisher zu wenig wahrgenommenenStellungnahmen der Familie und mit dem Fall befasste Fachleute
Vorlage
15/AfD/2019
Art
Antrag

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag möge beschließen, dass ein Sonderausschuss zur Untersuchung der Hintergründe der Arbeit des Jugendamtes und die Verantwortung des Landrates im Fall Hannes Semisch-Graßmann eingesetzt wird.

 

In den Sonderausschuss sollte jede Fraktion zwei kompetente Vertreter entsenden. Der Sonderausschuss nimmt seine Arbeit in der 2. Kalenderwoche des Januar 2020 auf und hat seinen Abschlussbericht 3 Monate später dem Kreistag mit Empfehlungen vorzulegen. Ansprechpartner für die organisatorische Aufstellung des  Sonderausschusses ist bis zur Wahl des Vorsitzenden Herr Bernhard Storek.

 

 

Rechtsgrundlage:

 

Hauptsatzung für den Landkreis Oder-Spree

 

Begründung:

 

Der tragische Todesfall von Hannes Semisch-Graßmann jährte sich am 26.10.2019. Trotz mehrfacher Beschäftigung des Petitionsausschusses und zuletzt des Jugendhilfeausschusses mit dem Fall und einer Gesprächsrunde mit der Familie und einigen am Fall beteiligten Personen hat es bisher keinen wirklichen Fortschritt bezüglich der Aufklärung und der Bewertung gegeben. Um gegenüber der Familie und der sehr interessierten Öffentlichkeit (s. Artikel in der MOZ v. 14.10. 19; Fall Hannes: Mutter wartet weiter auf Antworten) eine baldige und ausgewogene Antwort zu geben, ist eine Aufklärung nicht nur durch den Landrat und das Jugendamt geboten, sondern auch durch den Kreistag und die betreffenden Ausschüsse.

 

Der Landrat hat in der letzten Sitzung des Kreistages seine Position und Sichtweisen sehr ausführlich dargestellt. Wir konnten uns des Eindrucks nicht erwehren, dass diese sehr einseitig war. Obwohl der Landrat unmittelbar vor der Sitzung des Kreistages im Petitionsausschuss mehrfach gebeten wurde, nur eine kurze Erklärung abzugeben, brachte er eine ausführliche Darstellung. Dabei bezog er sich einseitig auf Gerichtsurteile von  Verwaltungsgerichten, die ihm rechtlich korrektes Handeln im Rahmen von Verwaltungsrichtlinien bescheinigte. Eine inhaltliche juristische Bewertung anhand des SGB VIII ist damit noch nicht gegeben.

 

Familie Semisch-Graßmann und die mit dem Fall betrauten Fachleute kamen aus fachlicher Sicht (sozialer, psychologischer und psychotherapeutischer, pädagogischer Sicht) zu einer gänzlich anderen Einschätzung der Situation von Hannes bzgl. seines Hierbleibens oder eines weiteren Aufenthaltes in Kirgisien. Diese Sichtweise ist den Abgeordneten des Kreistages ebenfalls nahe zu bringen, damit sie sich ein umfassendes Bild von den damaligen Vorgängen und der dann erfolgten Entscheidung machen können, die dann so tragisch endete.

 

Zu fragen ist hier auch nach den Strukturen im Landratsamt und welche Verbesserungen bei komplizierten Entscheidungen hilfreich wären. Es sollte sich von selbst verbieten, eine eventuell durch Anwälte oder Gerichte festgestellte Schadenersatzsumme als moralisch verwerflich zu lancieren. Solche Aussagen fallen unter den Datenschutz und sind justitiabel.

 

Notwendig erscheint uns auch, dass der Fall nicht nur vom Landrats- und Jugendamt oder den Medien bewertet wird, sondern auch von den demokratisch gewählten Abgeordneten, die die Öffentlichkeit vertreten. Deshalb ist es unmöglich, den „Fall Hannes“ unabgeschlossen beiseite zu legen. Unsere Sichtweise darf nicht die sein: „Hannes ist tot, daran können wir jetzt nichts mehr ändern. Wir müssen nun unseren Blick nach vorn richten und sehen, dass sich so ein tragischer Fall nicht wiederholt.“

 

In der heutigen Ausgabe der MOZ wird berichtet, dass sich inzwischen auch die übergeordnete Ebene des Kreistages, der Landtag, mit dem „Fall Hannes“ beschäftigt. „Nun hat sich das zuständige Ministerium eingeschaltet. Man prüfe den Komplex auf mögliche Fehlentscheidungen der Kreisverwaltung, sagte ein Sprecher des Jugendministeriums“, heißt es in der heutigen Ausgabe (04.11.2019). Es wird also Zeit und es ist wichtig, dass sich der Kreistag damit beschäftigt.

Anlagen:

Antrag der Fraktion AfD Oder-Spree