Beschlussvorschlag:
Der Kreistag beauftragt die Verwaltung mit der Vorbereitung und baulichen Realisierung des Neubaus einer modularen Doppelarztpraxis in Friedland
Sachdarstellung:
Um neue Wege bei der Gesundheitsversorgung zu gehen, soll in
Friedland ein
modulares Praxisgebäude in Holzbauweise entstehen. Bis 2021 soll
hier der erste
Prototyp errichtet werden, den der Landkreis nach Fertigstellung
an zwei Ärzte
vermieten wird. Das Konzept ist in den UAG der Ländlichen
Entwicklung vorgestellt
und dort auch befürwortet worden. Nachfolgend ist eine
Weiterentwicklung und
Anwendung des Konzeptes an anderen Standorten angedacht.
Lage:
Das
Grundstück liegt in der Pestalozzistraße 2 in 15848 Friedland auf dem Flurstück
64 / Flur 5 in unmittelbarer Nähe zur Burg. Es befindet sich im Eigentum des
Landkreises. Aktuell steht auf dem Grundstück noch ein altes, marodes
Lagergebäude, welches im ersten Quartal 2021 abgerissen werden soll – siehe
Anlage.
Städtebauliches Konzept:
Der Neubau der Arztpraxen wird von der nördlich
gelegenen Pestalozzistraße erschlossen und gut sichtbar im vorderen Teil des
Grundstücks platziert, um das von Hallengebäuden geprägte Umfeld mit dem Neubau
bewusst aufzuwerten.
Das Gebäude ist ein länglicher Baukörper mit
Satteldach, der in zeitgemäßer Architektursprache die regionalen Bauweisen
wiederspiegelt. Auf diese Weise gliedert sich das Gebäude harmonisch in die
bauliche Struktur des Ortes ein.
Für das Ärztehaus soll auf der Pestalozzistraße
eine eigene Bushaltestelle geschaffen werden. Ein geschützter Wartebereich
entsteht an der nördlichen Giebelseite des Neubaus.
Konzept + Nutzung:
Das
Ärztehaus wird als anpassungsfähiger modularer Bautyp entwickelt, um an anderen
Orten zukünftig weitere Gebäude gleichen Grundtyps realisieren zu können.
Deshalb ist das Gebäude aus wiederkehrenden Raumgrößen und vorgefertigten
Bauelementen konstruiert. Der Grundriss ist so gestaltet, dass Trennung, Zusammenlegung
und Erweiterung der Nutzungseinheiten möglich sind. Tragwerk und technische
Gebäudeausstattung sind weitestgehend ortsunabhängig konzipiert, um
Standortanpassungen zu minimieren.
Das
Gebäude erhält einen zentralen wettergeschützten Eingang auf der Längsseite mit
Windfang und Zutritt zum Empfangsbereich. Das Gebäude wird in Längsrichtung von
einem Mittelflur gegliedert, auf dessen einer Seite sich die Behandlungszimmer
und auf der anderen Seite sich die kleineren Personalräume befinden. Beide
Raumtypen haben bei unterschiedlicher Grundfläche die gleiche Raumbreite und
werden von tragenden Wandschotten getrennt. Die einzelnen Räume sind
weitestgehend funktionsunabhängig gestaltet und können problemlos umgenutzt
werden.
Durch
die Schottenbauweise können die Räume bei gleichbleibenden Spannweiten beliebig
oft hintereinandergeschaltet werden. Auch wäre es zukünftig an anderer Stelle
möglich, mehrere Gebäude gleichen Grundtyps miteinander zu verbinden und so
bedarfsabhängig Ärztehäuser mit einer, zwei, drei oder vier Praxen zu
errichten.
Der
mittig angeordnete Windfang ist ausreichend groß, um als wettergeschützter
Abstellbereich für Kinderwagen oder bei starkem Andrang als erweiterter Wartebereich
zu dienen. Vom Windfang aus können die Praxen wahlweise über einen gemeinsamen
oder über getrennte Empfangsbereiche erschlossen werden. Hinter dem Empfang
werden mit einer Tür abgetrennt die Büroräume (Backoffice) angeordnet.
Als
zweiter getrennter Eingang für infektiöse Patienten dient der Ausgang am Ende
der Flure, an den Stirnseiten des Gebäudes. Die Flure sind über Glasfelder an
den Giebelseiten und über einzelne Dachoberlichter natürlich belichtet. Durch
Verglasungen der Flurwände im oberen Bereich kommt das natürliche Licht auch
den anderen Behandlungsräumen zugute. Der Einsatz künstlichen Lichts wird so
signifikant reduziert. Jeder Raum erhält ein der Tür gegenüberliegendes
bodentiefes Fenster.
Der
Flur wird durch die tiefen Eingänge der Räume gegliedert. Neben den Eingängen
befindet sich in allen Zimmern eine Raumnische, die je nach Nutzung des Raums
unterschiedliche Funktionen übernimmt. In den Behandlungszimmern wird hier ein
Schrankelement mit Waschbecken integriert. In anderen Räumen nimmt die Nische
Umkleideschränke oder eine Teeküche auf. Installationen sollen entlang den
Nischen in einem revisionierbaren Bodenkanal geführt werden. Dieses räumliche
Prinzip ermöglicht eine hohe Nutzungsflexibilität des Gebäudes.
Ein
Dachüberstand auf allen Seiten des Gebäudes dient als Wetterschutz für die
Fassaden und als wettergeschützte Wartezone bei großem Andrang.
Grundriss und Haustechnik
sind so gestaltet, dass die Praxen in der Zukunft geteilt und somit auch
separat verkauft werden könnten.
Konstruktion:
Die
Gründung des nicht unterkellerten Gebäudes erfolgt im Wesentlichen über
Streifenfundamente aus Stahlbeton, welche in Querrichtung zum Gebäude mit einem
Achsabstand von ca. 3,5 – 4,0 m angeordnet werden. Die oberhalb des
Geländeniveaus angeordnete Sohlplatte soll in Holzbauweise hergestellt werden.
Im
Erdgeschoss wird die Haupttragkonstruktion ebenfalls in Holzbauweise geplant.
In Längsrichtung überspannen Pfetten die Flure, den Erschließungsbereich sowie
die Funktionsräume der Arztpraxen. Die Lagerung der Pfetten erfolgt auf quer
zum Gebäude gespannten Bindern aus Brettschichtholz, welche auch zur
Realisierung des Dachüberstandes an der Längsseite des Gebäudes herangezogen
werden. An den Giebelseiten werden die Dachüberstände als passiver
Fassadenschutz mittels auskragender Brettsperrholzplatten umgesetzt, welche in
die Randfelder der Pfettendachkonstruktion eingespannt werden. Der vertikale
Lastabtrag erfolgt über Wandscheiben in Holzständerbauweise, die auch zur
Aussteifung des Gebäudes in Längs- und Querrichtung dienen. Eine zusätzliche
Aussteifung erfolgt über die als Scheibe ausgebildete Dachkonstruktion.
Nichttragende Wände werden grundsätzlich in Leichtbauweise hergestellt.
Haustechnik:
Mit
dem Technikkonzept wird eine hohe Standortunabhängigkeit angestrebt, so dass
nur Wasser- und Abwasser- sowie Stromanschlüsse von den öffentlichen Versorgern
erforderlich werden.
Die
Wärmeversorgung erfolgt mittels Erdsonden und Sole-Wasser-Wärmepumpe. Die
Wärmepumpe wird reversibel ausgeführt, so dass im Sommer der Kühlbedarf des
Gebäudes gedeckt werden kann. Die Wärmeübertragung an die Räume erfolgt mittels
Flächenheizung. Die Trinkwarmwasserbereitung erfolgt bedarfsgerecht dezentral
elektrisch.
Im
Gebäude wird zur Verringerung der Lüftungswärmeverluste, Erhöhung der
Aufenthaltsqualität und Erfüllung der Anforderungen der Hygiene eine
mechanische Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung installiert.
Zur
Stromversorgung wird neben dem Anschluss des öffentlichen Versorgers eine
Photovoltaikanlage installiert, welche so ausgelegt wird, dass eine möglichst
hohe Bedarfsdeckung durch Stromeigennutzung (40 bis 50%) erfolgt. Mittels
nutzerseitiger Energiespeicher lässt sich die Bedarfsdeckung zur Eigennutzung
weiter erhöhen. Die Beleuchtung im Innen- und Außenraum wird komplett in
LED-Technik realisiert.
Ist
zukünftig an anderen Standorten keine Geothermie möglich, kann auch mittels
Luftwärmepumpe geheizt und gekühlt werden.
Nachhaltigkeit:
Das
Gebäude wird bei Bezug von klimaneutralem Strom ohne Nutzung fossiler Energien
geplant. Durch die wachsende Einspeisung aus erneuerbaren Energiequellen sinken
der Primärenergie- und CO2-Faktor des Strommixes.
Durch
die Konzeption einer Wärmepumpenanlage in Verbindung mit der optimierten thermischen
Hülle entsteht ein Plusenergiegebäude. Es wird bilanziell mehr Energie
produziert, als das Gebäude einschließlich Gebäudetechnik verbraucht. Mit einem
zusätzlichen Stromspeicher könnte zukünftig zudem ein hoher Autarkiegrad des
Gebäudes hergestellt werden.
Mit
dem geplanten Energiekonzept wird das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ohne
zusätzliche Maßnahmen erreicht.
Materialität:
Das Ärztehaus wird als Holzbau aus vorgefertigten
Bauelementen errichtet. Bei der Auswahl der Baumaterialien wird großer Wert auf
Dauerhaftigkeit und Ökobilanz gelegt. Es werden vorzugsweise nachwachsende
Materialien verwendet, die frei von Schadstoffen sind und über den gesamten
Lebenszyklus eine günstige CO2-Bilanz aufweisen. Die Materialien werden so
verbaut, dass sie in Zukunft sortenrein zu trennen und zu recyceln sind.
Neben Brettsperrholzwänden für die tragenden
Schotten kommen für Außenwände, Dach und evtl. auch für die Bodenplatte
ausgedämmte Holzrahmenbauteile zum Einsatz. Die Vorfertigung ermöglicht eine
kurze Bauzeit und eine hohe Präzision in der Ausführung. Die Fertigung der
Elemente soll so konzipiert werden, dass sie von Holzbaufirmen aus der Region
bewältigt werden können. Für geputzte Wandflächen soll Lehmputz eingesetzt
werden, der feuchteabsorbierend ist. Die Fassade
erhält auf der Außenseite eine hinterlüftete Holzbekleidung.
Das Dach erhält eine hinterlüftete Metalldeckung.
Die Unterseite des Daches wird im Innenraum akustisch absorbierend ausgeführt.
Außenanlagen:
Das
Gebäude wird an nordöstlichen Grundstücksseite angeordnet, so dass sich ein
besonnter Vorplatz bzw. eine gut belichtete Eingangssituation Richtung Süden
ergibt.
Die Freifläche soll einladend und funktional
gestaltet werden und alles Regenwasser soll auf dem Grundstück versickern. Die
ca. 20 Stellplätze werden an der westlichen Grundstücksgrenze und im hinteren
Grundstücksteil geschaffen. Durch Baumsetzungen und die Verwendung von
Rasengittersteinen werden die Stellflächen naturnah und zurückhaltend
gestaltet. Befahrbare Flächen werden dabei optisch dezent von Flächen für
Fußgänger getrennt.
Termine:
Die
Einreichung des Bauantrags soll im Frühjahr 2021 erfolgen, im Herbst 2021 sind
die ersten Vergaben vorgesehen. Aufgrund der geplanten Bauweise (Vorfertigung)
wird eine Fertigstellung im Herbst 2022 angestrebt.
Finanzielle Auswirkungen: ja
Produktkonto
|
Jahr |
eingestellter
Betrag |
neuer
Betrag |
11126.7851200030 |
2020 |
200.000,- Euro |
200.000,- Euro |
11126.7851200030 |
2021 |
250.000,- Euro |
250.000,- Euro |
11126:785120030 |
2022 |
350.000,- Euro |
900.000,- Euro |
11126.785120030 |
2023 |
400.000,- Euro |
600.000,- Euro |
Gesamtansatz |
|
1.200.000,-
Euro |
1.950.000,-
Euro |
In
der bestätigten Prioritätenliste des Landkreises Oder-Spree 2021-2025 für die
Erarbeitung des HH-Planes 2021 ff wird die Arztpraxis unter der laufenden
Nummer 10-11 geführt. In Summe wurden 1.200.000€ brutto veranschlagt. Nach der
nunmehr vorliegenden Entwurfsplanung werden Gesamtkosten in Höhe vom 1.950.000€
brutto angenommen.
Diese
erhebliche Kostensteigerung ergibt sich durch eine substanzielle Vergrößerung
der Arztpraxis um ca. 120m² auf 480m² Nutzfläche bzw. von ca. 200m² auf ca.
600m² BGF A, höhere, teils auch coronabedingte Anforderungen an die Technik
(Lüftung) und die Raumplanung (Trennung der Praxen, zweiter Eingang), die
angestrebte Klimaneutralität, Entwicklungskosten für den ersten Prototyp sowie
der Hinzunahme der Außenanlagen.
Stellungnahme der Kämmerei:
Die Investitionsmaßnahme ist Bestandteil der Prioritätenliste
2021-2024, die am 23.6.2020 mit Beschluss 026/006.1/2020 durch den Kreistag
beschlossen wurde.
Mit der Haushaltsplanung 2020 wurden finanzielle Mittel in Höhe von
200.000
€ für den Neubau einer modularen
Doppelarztpraxis in Friedland eingestellt. Im Haushaltsplan 2021 wurden
für den Zeitraum 2021-2023 weitere Mittel in Höhe von 1.000.000 € eingestellt.
Nach der jetzt vorliegenden Kostenberechnung werden sich die
Gesamtkosten der Baumaßnahme gegenüber den im ersten Kostenrahmen dargestellten
Kosten voraussichtlich um 750.000 € erhöhen. Die Bereitstellung der zusätzlich
benötigten investiven Mittel muss bei der Haushalts- und Finanzplanung 2022ff
berücksichtigt werden.
Das Gebäude wird nach Fertigstellung vermietet. Die Mieteinnahmen
tragen zur Refinanzierung der Baukosten bei.
Die Deckung der gesamten Investitionskosten kann aus investiven
Schlüsselzu-weisungen bzw. liquiden Mitteln des Landkreises erfolgen.
gez. Perlick
Amtsleiter
Anlage:
Liegenschaftskarte