Die
Landesregierung hat den Kommunen im „Kooperationsraum“ um die Ansiedlung von
Tesla mehrfach finanzielle und auch personelle Unterstützung zur Durchführung
der durch die Ansiedlung von Tesla mit zusätzlichen Planungen für soziale und Verkehrsinfrastruktur
belasteten kommunalen Verwaltungen zugesagt. Darüber hinaus bedarf es
unstreitig der Unterstützung bei den zusätzlichen daraus resultierenden
Investitionen, die aus den kommunalen Haushalten der Region nicht zu
finanzieren sind.
Mit
dem am 31.03.2021 veröffentlichten „Landesplanerischen Konzept zur Entwicklung
des Umfeldes der Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg in Grünheide (Mark)“ hat
die Landesregierung nicht nur nachgewiesen, dass es durch die Ansiedlung von
Tesla induzierte, zusätzliche Bedarfe an
Wohnbauflächen, Wohnungsbau und Gewerbeflächen gibt, sondern sie hat diese
Anforderungen auch gemeindescharf für die erste Ausbaustufe der Fabrik bis zum
Vollausbau ausgewiesen und fordert von den beteiligten Kommunen eine rasche Umsetzung.
Dies ist jedoch ohne eine finanzielle und auch personelle Unterstützung der
angesprochenen Kommunen nicht zu leisten.
Beschlussvorschlag:
Der
Kreistag Oder-Spree fordert die Landesregierung auf, den mit dem
„Landesplanerischen Konzept zur Entwicklung des Umfeldes der Tesla-Gigafactory
Berlin-Brandenburg in Grünheide (Mark)“ nachgewiesenen und seitens der
Gemeinsamen Landesplanung auch von den Kommunen des „Kooperationsraums“
mindestens indirekt geforderten zusätzlich erforderlichen Leistungen und Investitionen
der Kommunen Rechnung zu tragen und kurzfristig Zuschüsse und weitere
Unterstützungsleistungen an die betroffenen Kommunen über eine zeitlich nicht
befristete Förderrichtlinie umzusetzen.
Begründung:
Aus
der Betrachtung der Herangehensweise der Gemeinsamen Landesplanung (GL) an das
„Landesplanerische Konzept zur Entwicklung des Umfeldes der Tesla-Gigafactory
Berlin-Brandenburg in Grünheide (Mark)“ ergibt sich zwingend ein zusätzlicher
Handlungsbedarf. Dessen tragende Herleitung lässt sich wie folgt gerafft
zusammenfassen:
„Konkrete
Zahlen für die zu erwartenden Zuzüge mussten erst durch komplexe Prognosen
erarbeitet und bewertet werden. Dabei wurde nicht nur die Zahl der künftig
direkt bei Tesla Beschäftigten einbezogen, sondern auch [die] erforderlichen
Stellenwiederbesetzungen und Wachstumseffekte im unternehmerischen Umfeld, z.
B. bei Zulieferern oder infolge steigender regionaler Wertschöpfung, betrachtet
(Kapitel 3).“ (S. 81)
„In
Brandenburg werden die Zuzüge durch verkehrliche Lagegunst, infrastrukturelle
Versorgungsgesichtspunkte und preisliche Aspekte ausgerichtet sein. Vieles
spricht dafür, dass der landesplanerisch abgesteckte Kooperationsraum hier die
bevorzugte Destination sein wird.“ (S. 81)
Im
Ergebnis wurde ein Mehrbedarf an Wohnraum im Kooperationsraum zur ersten
Ausbaustufe mit 8.029 Wohneinheiten bzw. 131,0 ha (anhand der
Orientierungswerte Baudichten) und zur finalen Ausbaustufe mit 24.795
Wohneinheiten bzw. 404,6 ha (anhand der Orientierungswerte Baudichten)
festgestellt (vgl. auch Tab. 15, S. 57/58).
Die
GL schreibt zur Umsetzung/Realisierung: „Voraussetzung dafür ist jedoch die
stringente Umsetzung der Handlungsempfehlungen durch Land, Region und
Kommunen.“ (S. 82) Das bedeutet, die entsprechenden Planungen sind möglichst
umgehend und abgestimmt im „Kooperationsraum“ anzugehen und daraus folgende
Investitionen zeitnah zu tätigen.
Darüber
hinausgehend stellt die GL fest:
„Im
näheren Umfeld des Tesla-Werks ist ein Mehrbedarf an Wohnraum zu erwarten, der
mit den zur Verfügung stehenden Potenzialen nicht abgedeckt werden kann. Zwar
wird dieses Problem wahrscheinlich noch nicht für den 1. Bauabschnitt von Tesla
auftreten. Jedoch sprechen die Annahmen für die weiteren Entwicklungen für
einen signifikanten Handlungsbedarf. Mit Blick auf die planerischen Vor- und
Abläufe und die ausgeprägte Höhe des abgeleiteten Fehlbedarfs kann hierauf
nicht erst reagiert werden, wenn Tesla den Ausbau des Standortes über das Maß
des ersten Bauabschnittes hinausgehend beginnt.“ (S. 66)
„Diese
[Wohnbauflächen-]Potenziale sollten effektiv und ressourcenschonend genutzt
werden, um sicherzustellen, dass die avisierten Zahlen zu den benötigten Wohneinheiten
auch tatsächlich geschaffen werden. Einer Entwicklung mit entsprechenden
Baudichten kommt daher eine hohe Bedeutung zu.“ (S. 76)
Die
entsprechenden Zuzüge haben jedoch auch erhebliche verkehrliche Folgen: „Die in
den vorherigen Abschnitten hergeleiteten Zahlen belegen, dass für die Zuzüge in
den Kooperationsraum insgesamt mehr als ausreichend Flächen zur Verfügung
stehen. Allerdings wären in diesem Fall negative Verkehrsfolgen mit den
entsprechenden negativen Auswirkungen zu erwarten.“ (S. 69) und „Natürlich ist
klar, dass die Nachfrage nach Wohnraum sich verlagern wird, wenn die
Angebotsseite [im Nahbereich um Tesla] nicht Schritt hält.“ (S. 69)
„Für
die Ansiedlung von weiteren Unternehmen wurde ein nur sehr eingeschränktes
Potenzial an zur Verfügung stehenden Flächen im Kooperationsraum identifiziert.
Hier besteht Handlungsbedarf [...].“ (S. 82)
Um
die Verkehrsprobleme in der Region nicht noch weiter unnötig zu steigern,
schlussfolgert die GL: „Um die durch das Wachstum in der Region entstehenden
Verkehre zu minimieren, sollten wie in Kapitel 6 beschrieben aus
landesplanerischer Sicht vor allem die Wohnbauzuwächse entlang der RE1-Achse
genutzt werden. Ebenso braucht es kluge innerörtliche städtebauliche Strategien
der Kommunen, bei denen gut geeignete Standorte der Versorgung und der sozialen
Infrastruktur gewählt werden, um unnötige Verkehre zu vermeiden.“ (S. 75)
„Anderenfalls würden die Wohnsitznahmen derjenigen Tesla-Beschäftigten, die
grundsätzlich die räumliche Nähe zum Werk bevorzugen würden, auf weiter
entfernte Orte verlagert. Steigende Verkehrsbelastungen insgesamt, aber vor
allem für die auf dem Arbeitsweg durchquerten Orte wären die Folge.“ (S. 75/76)
„Insgesamt
bleibt aus verkehrlicher Sicht festzuhalten, dass der Zuwachs [an Einwohnern]
auf Siedlungslagen konzentriert werden sollte, die über eine Lage am RE1
verfügen, an die Haltepunkte angebunden sind oder von denen aus eine weitgehend
ortsdurchfahrtsfreie Fahrtbeziehung nach Freienbrink besteht. Damit ist eine
Lenkung des Tesla-induzierten Bevölkerungszuzugs auf öffentliche Verkehre ein
wichtiger Aspekt (siehe Handlungsempfehlung 9 in Kapitel 8).“ (S. 56)
Zu
den resultierenden Mehrbedarfen an sozialer Infrastruktur führt die GL aus:
„In
Kapitel 4 wurde der Mehrbedarf an sozialer Infrastruktur, insbesondere Kitas
und Schulen aber auch Sport- und Spielstätten abgeleitet. […] Die Schaffung
entsprechender neuer Kapazitäten ist Voraussetzung dafür, dass die
Wohnbaupotenziale aktiviert werden können und der notwendige Wohnraum
geschaffen wird. Viele Kommunen auch im Kooperationsraum verfügen jedoch nur
über eingeschränkte Möglichkeiten, diese Infrastruktur begleitend zu einer
angebotsorientierten Bauleitplanung weiterzuentwickeln, weil die gemeindlichen
Haushalte die notwendigen Investitionen nicht ermöglichen.“ (S. 77/78)
„Zur
Umsetzung der Erkenntnisse des landesplanerischen Konzepts bedarf es hier
entsprechender Lösungen. Anderenfalls könnten viele der identifizierten
Wohnraumpotenzialflächen ungenutzt bleiben und der für die Tesla-bedingten
Zuzüge erforderliche Wohnraum würde nicht geschaffen werden.“ (S. 38)
Eine
der geforderten „Lösungen“ liegt mit diesem Antrag vor.
„Wichtig
dafür ist jedoch eine stringente Umsetzung der Erkenntnisse durch die Städte
und Gemeinden. Dass dazu in einigen Bereichen Unterstützung notwendig sein
wird, ist bereits angesprochen worden und wird in Kapitel 8 bei den
Handlungsempfehlungen noch einmal aufgegriffen.“ (S. 69) Damit ist das
Unterstützungserfordernis nochmals prägnant belegt.
Ein
Verweis auf die „Planungsförderungsrichtlinie“ des Ministeriums für
Infrastruktur und Landesplanung (MIL) ist hier nicht ausreichend, weil damit in
Teilen zwar Planungen ermöglicht werden könnten, aber die Kommunen trotzdem vor
dem Problem stehen, wie und mit welchem Personal sie die Planungen und
Investitionen aus den gegebenen Haushalten umsetzen sollen. Zudem waren Anträge
für das Programmjahr 2021 schriftlich bis spätestens zum 30.04.2021 beim LBV
einzureichen. Es steht zu bezweifeln, dass das Programm und die verhältnismäßig
kurze Antragsfrist für alle Gemeinden des Kooperationsraums ausreichend waren.
Ferner
gelten Personal- und Sachkosten der jeweiligen (Gemeinde-)Verwaltungen als
nicht zuwendungsfähig. Dies ist grundlegend zu ändern, um den Kommunen zu ermöglichen,
entsprechende Kapazitäten aufzubauen und bis zum Ende der Entwicklung von Tesla
am Standort Freienbrink vorzuhalten.
Die
Erkenntnis der GL im Konzept sei „[…] daher für die Umsetzung der Erkenntnisse
aus den landesplanerischen Arbeiten von herausgehobener Bedeutung, zwischen
Land, Landkreisen und Kommunen Lösungen für diese Herausforderung zu
entwickeln“ (S. 78), muss unverzüglich mit Leben gefüllt werden.
„Weitere
Handlungsbedarfe liegen in der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Feuerwehren
(z. B. die Nachwuchsgewinnung betreffend), der medizinischen Versorgung in
der Region aber auch in der Abstimmung zu Wasserver- und Abwasserentsorgung.“
(S. 78), auf die jedoch weder hinsichtlich der dazu erforderlichen Planungen
noch bezüglich der dazu erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel
eingegangen wird.
Dieser
Antrag ist erforderlich, um die Kommunen des „Kooperationsraums“ auch wirklich
zu befähigen, die durch die Ansiedlung von Tesla induzierten zusätzlichen
Bedarfe zeitnah planen und realisieren zu können, damit es im Rahmen der
Ansiedlung von Tesla in den Bereichen der verfügbaren Wohnungen, Gewerbeflächen
und der zugehörigen sozialen Infrastruktur nicht zu Problemen und Verwerfungen
kommt.
Im
Rahmen der Landeshaushaltspläne 2020 und 2021 sind bereits erhebliche Mittel
aus dem Zukunftsinvestitionsfonds (ZifoG) für Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen
aufgrund der Tesla-Ansiedlung und Mittel für die Feuerwehrinfrastruktur (KIP
II) als Planansätze und Verpflichtungsermächtigungen gebunden. Aus diesen
Mitteln sind die Kommunen im Umfeld von Tesla bei der Bewältigung der vor ihnen
stehenden Herausforderungen zwingend und auskömmlich zu unterstützen.