Herr Buhrke, Dezernent für Finanzen, Ordnung und Innenverwaltung führt die Anwesenden kurz in die Thematik des Tagesordnungspunktes ein und stellt Herrn Dr. Günzel der PROZIV, Verkehrs- und Regionalplaner, Partnergesellschaft als beauftragten Gutachter des aufgestellten Nahverkehrsplanes 2012-2016 für den übrigen ÖPNV im Landkreis Oder-Spree vor.

Herr Dr. Günzel übernimmt den Vortrag und stellt an Hand einer Präsentation die Eckpunkte des Nahverkehrsplanes 2012-2016 vor.

Dabei stehen die folgenden Aspekte im Vordergrund: die Notwendigkeit und Ziele der Fortschreibung; das Beteiligungsverfahren; die Analyseergebnisse aus Angebot und Nachfrage; die Strukturdaten und Fahrgastprognose; die Rahmenplanung der Angebotsentwicklung; die Organisation, Vergabe, das Controlling und die Wirtschaftlichkeit und Finanzierungsplanung.

Für die Fortschreibung des Nahverkehrsplanes sprachen im Wesentlichen formal fachliche Gründe, wie Veränderungen bei den Strukturdaten (Einwohner, Schüler, Pendler) oder bei den Fahrgastzahlen, welche wiederum Einfluss auf die Einnahmesituation der Verkehrsunternehmen haben. Aber auch die dynamische Kostenentwicklung für die Durchführung des ÖPNV oder der vorliegende Rechtsrahmen gaben einen entsprechenden Anlass.

Als verkehrs- und finanzpolitische Zielstellungen wurden formuliert, die Haltung des Angebots- und Qualitätsniveaus mit gezielten Verbesserungen, die Vermeidung finanzieller Mehrbelastungen des Kreishaushaltes und die Verminderung von Nachteilen aus der Fortschreibung des Landesnahverkehrsplanes. Die fachplanerischen Zielstellungen bestehen in der Prüfung der Bedienstandards, sachgerechten Integration aller Änderungstatbestände, Bereitstellung der Grundlagen für anstehende Leistungsvergaben und weiteren Modernisierung und Bedarfsanpassung des Angebotssystems.

Der Entwurf des Nahverkehrsplanes wurde in ein Beteiligungsverfahren gegeben, an dem diverse Träger öffentlicher Belange, wie Ämter und Behörden der Kreisverwaltung Oder-Spree, Kommunen, Nachbarkreise, Verkehrsunternehmen, Regionale Planungsgemeinschaft Oderland-Spree, Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, Nahverkehrsbeirat, einbezogen worden sind. Insgesamt wurden 69 Einwendungen und Hinweise von 23 Teilnehmern abgegeben, die je nach Sachlage Berücksichtigung fanden.

Herr Dr. Günzel leitet nunmehr zu den Analyseergebnissen die dem Nahverkehrsplan zu Grunde liegen über.

Im Landkreis Oder-Spree ist ein flächendeckendes ÖPNV – Netz, welches jedoch räumlich differenziert betrachtet werden muss, vorhanden. Einen bedeutenden Anteil in diesem Netz nimmt der Schienenpersonennahverkehr ein. An Hand von Grafiken wird die Angebotshäufigkeit an Schultagen, an Ferientagen und an Samstagen im ÖPNV – Netz des LOS dargestellt. Dabei ist festzustellen, dass die Angebotshäufigkeit an Ferien- und Samstagen jeweils über den üblichen Durchschnittswerten liegt. Im Weiteren wird Gleiches für die Stadtverkehre in Fürstenwalde und Eisenhüttenstadt analysiert. Zur Thematik Verknüpfungen aus Bahn und Bus sowie Bus und Bus ist analysiert worden, dass sowohl an den Hauptverknüpfungspunkten und an den weiteren Verknüpfungspunkten gute Ergebnisse in Bezug auf den erreichten Anteil der realisierten Verknüpfungen zu verzeichnen sind. Dies trifft auch für die neu eingerichteten Verknüpfungspunkte in Bad Saarow und Wendisch Rietz zu. Die Nachfrage im übrigen ÖPNV hat sich hingegen im Vergleich zu 2006 nicht positiv entwickelt. So musste ein Gesamtrückgang bei den Beförderungsfällen von 14% festgestellt werden. Im Vergleich zu anderen Landkreisen in Brandenburg liegt der LOS mit knapp 39 Fahrten pro Einwohner im Jahr über dem Durchschnittswert von 34 F/EW*a. Der Anteil des Schülerverkehrs ging in diesem Zeitraum auf 53,8% zurück. Des Weiteren wurde analysiert, dass eine relativ gute Überdeckung zwischen Nachfrage und Angebotsachsen im Landkreis besteht.

Als nächstes wird die Entwicklung der Hauptstrukturdaten dargestellt. Dazu gehören die Entwicklung der Einwohner, der Arbeitsplätze, des Pendleraufkommens, der Schüler- und Azubildenden und des Motorisierungsgrades. Als eine wichtige Erkenntnis ist zu berücksichtigen, dass erst nach 2015 mit rückläufigen Werten bei den Schülerzahlen und dem Pendleraufkommen zu rechnen ist. In diesem Zusammenhang ist die Pendlerentwicklung von 2005 – 2011 zu sehen, die durchweg von steigenden Zahlen gekennzeichnet ist. In Bezug auf die Entwicklung der Schülerzahlen und Schulstandorte liegt aktuell keine Gefährdungssituation vor. Auf Grund der Prognosen muss man sich aber ab 2015 erneut mit der Problematik auseinandersetzen.

Herr Dr. Günzel kommt im Rahmen seines Vortrages nunmehr zu den verkehrspolitischen Zielen des Nahverkehrsplanes und dem finanziellen Handlungsrahmen.

Grundsätzlich haben sich die bisherigen Zielstellungen bewährt, so dass sie mit Ergänzungen und neuen Gewichtungen bestätigt werden können. In den finanziellen Handlungsrahmen wird mit aufgenommen, dass die Zielerreichung mit möglichst geringer finanzieller Mehrbelastung erfolgen soll und Kostenanstiege durch technologische Optimierung, Bedarfsfahrten und notfalls durch Angebotsreduzierung kompensiert werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Planungen im Schienenpersonennahverkehr [SPNV]. Hier geht es um die Korrektur der Forderung zur Anbindung an den Flughafen BER, da dieselgetriebene Fahrzeuge nicht in den Bahnhofstunnel einfahren dürfen und um die Unterstützung der Bemühungen zur Verlängerung der OE 35 bis Bad Saarow Süd. Des Weiteren spielt die Frage der Zuständigkeiten im Bereich des SPNV eine Rolle, auf dessen Bestellung der Landkreis wenig Einfluss ausüben kann. Da gegenwärtig auch die Fortschreibung des Landesnahverkehrsplanes stattfindet, ist diesbezüglich auf nachteilige Veränderungen, wie zum Beispiel beabsichtigte Schließungen schwach nachgefragter Zugangstellen, zu achten. Im LOS könnten davon Zugänge zur Linie OE 36 betroffen sein. Die Kreisverwaltung hat bereits in dieser Hinsicht eine Stellungnahme an das Land Brandenburg gerichtet. Besonders problematisch erscheint die Zielnetzplanung 2013 des LNVP. Sie sieht u. a. eine Angebotsreduzierung bei Fahrten des RE 1 zwischen Frankfurt / Oder und Eisenhüttenstadt, eine Angebotsreduzierung beim Takt von 60 min auf 120 min am Wochenende bei der OE 36 zwischen Beeskow und Frankfurt / Oder und eine Einstellung der Förderung der Buslinie X 403 zwischen Beeskow und Fürstenwalde zum Fahrplanwechsel im Dezember 2012 vor. Die Kreisverwaltung hat sich auch gegen diese Maßnahmen bereits mit entsprechenden Begründungen positioniert.

Herr Dr. Günzel leitet nunmehr zum Maßnahmeplan des NVP über. Grundsätzlich geht es um die Beibehaltung der Mindestbedienungsstandards. Die Vorgaben werden hierfür aus den Einwohnerzahlen der Siedlungseinheiten, der Reisezeitvorgaben zur Erreichbarkeit von zentralen Orten, der Verbindlichkeit der Reisezeiten, den Reisezeitvorgaben für den Schülerverkehr und den Festlegungen für die Stadtverkehre formuliert. In diesem Zusammenhang werden die Ist-Werte zur Erreichbarkeit zentraler Orte an verschiedenen Wochentagen erläutert.

Die Weiterentwicklung des Angebots im übrigen ÖPNV sieht eine konsequente Vervollkommnung der Hierarchisierung zwischen den Anforderungen des Haupt- und Ergänzungsnetzes vor. An Hand einer Grafik werden hierzu räumlich die Netzkategorisierungen, die Verknüpfungspunkte und neu aufgenommen die Rufbusgebiete verdeutlicht.

Weitere Angaben und Planungsansätze werden für die Stadt- und Regionalverkehre erläutert. Mit Blick auf die Angebotsqualität des Busverkehres, ergeben sich Präzisierungen für das Vergabeverfahren im Jahr 2016, denn den Kriterien Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ausstattung der Haltestellen, Personal- und Fahrzeugeinsatz wird dann noch mehr Gewicht beigemessen werden. Wobei für Busse die Nutzungsdauer von 12 auf 14 Jahre und die Laufleistung von 600 auf 700 Tkm angehoben wird. Zu den Entwicklungen bei der Fahrgastnachfrage bis 2016 ergeben sich folgende Perspektiven: die starken Rückgänge bei den Gesamtwerten setzen sich wegen zeitweilig positiver Entwicklung der Schülerzahlen nicht fort, das Mehraufkommen der Fahrschüler kann das Minderaufkommen der „sonstigen“ Fahrgäste ausgleichen, der Anteil des Schülerverkehrs nimmt wieder zu und erreicht 54% am Gesamtverkehr, die Fahrgastnachfrage entwickelt sich weiter räumlich differenziert (Berliner Umland stabil/zunehmend sonst rückläufig; Stadtverkehr Fürstenwalde stabil/zunehmend – Stadtverkehr Eisenhüttenstadt rückläufig). Zur Organisation erläutert Herr Dr. Günzel einige rechtliche Rahmenbedingungen, die es zu berücksichtigen gilt. Dies hat u. a. Auswirkungen auf die Leistungsvergabe wonach die bisherige Vergabepraxis nicht weiter geführt werden kann, sondern durch ein förmliches Vergabeverfahren ersetzt werden muss. Eine Grundlage hierfür ist die Linienbündelung, die mit dem NVP neu zu beschließen ist.

Im nächsten Punkt wird die Wirtschaftlichkeitsentwicklung erörtert. Die Ausgangslage manifestiert sich in einer erheblichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bei allen Unternehmen. Aus der künftigen Leistungsentwicklung resultiert prinzipiell kein Mehraufwand, wogegen steigende Treibstoffkosten und die Entwicklung der Inflationsrate Mehraufwendungen entstehen lassen, die wiederum die Unternehmen zu Preisverhandlungen veranlassen. Die Ertragsentwicklung ist durch folgende Eckpunkte gekennzeichnet: Mehreinnahmen resultieren durch Anstieg der Beförderungstarife von 13% bis 2016, die Entwicklung der Fahrgastnachfrage wirkt insgesamt neutral, Unwägbarkeiten bestehen bei der Landesmittelbereitstellung ab 2014/15. Mit Blick auf die Finanzierung der bestehenden Bedarfe bedeutet dies für den Aufgabenträger (LOS) ein wachsendes Risiko und eine finanzielle Mehrbelastung bei Rückführung oder Komplettausfall der Landesmittel.

Abschließend erläutert Herr Dr. Günzel das weitere Verfahren bis zur avisierten Bestätigung des NVP im Kreistag am 19.09.2012.

Herr Rump informiert als Vorsitzender des Nahverkehrsbeirates über den Verlauf und die Ergebnisse der Diskussion zum NVP im Nahverkehrsbeirat. Der Nahverkehrsbeirat bestätigte den NVP im Rahmen der Beiratssitzung am gleichen Tage.

Herr Engert regt an Umsteigemöglichkeiten in Bezug auf die grenzüberschreitenden Verkehre von Landkreis zu Landkreis zu schaffen. Herr Dr. Günzel erläutert dazu, dass die grenzüberschreitenden Verkehre zunehmend zurückgefahren werden, insbesondere wegen der schwachen Nachfrage.

Herr Kaufmann setzt auf eine bessere Kommunikation mit den südlichen Landkreisen, um die Zusammenarbeit zu intensivieren.

Frau Prof. Böhm beurteilt die Berücksichtigung von alternativen Bedienformen als positiv und sieht hier eine Weiterentwicklung gegenüber dem bestehenden Nahverkehrplan.

Herr Kaufmann kritisiert den Qualitätseinbruch bei der Linie RE 1.

Herr Engert erläutert die Haltesystematik des RE 1 auf der Strecke zwischen Erkner und Frankfurt/Oder sowie zwischen Frankfurt/Oder und Eisenhüttenstadt und beanstandet die je nach Ziel entstehenden Wartezeiten für die Fahrgäste.

Nach Auffassung des Herrn Dr. Günzel bestehen kaum Möglichkeiten, um Einfluss auf das Fahrregime zu nehmen. Deswegen sollten bestehende Hinweise, Anregungen und Einwendungen in den laufenden Fortschreibungsprozess zum Landesnahverkehrsplan eingebracht werden.

Mit Bezug auf die Einstellung der Förderung für die Buslinie X 403 durch das Land Brandenburg möchte Herr Noppe wissen, welche Ersatzmaßnahmen geplant sind.

Herr Buhrke teilt mit, dass gegenwärtig geeignete Maßnahmen untersucht werden und erläutert den Anwesenden die Zusammenhänge zwischen SPNV - Bestellung, (landesbedeutsamer) Buslinie und Finanzierungsmodalitäten des Landes Brandenburg.

Herr Kirchner (anwesender Bürger) möchte wissen, mit welcher Methode die Fahrgastzahlen ermittelt werden.

Herr Dr. Günzel erklärt daraufhin das Verfahren zur Fahrgastermittlung, demnach wird auf Grundlage eines Kriteriengerüstes eine periodische Erhebung vorgenommen. Herr Hellmich ergänzt dazu, dass jedes Jahr zwischen März und April eine Potentialabfrage bei den Kommunen, Schulen und anderen Bedarfsträgern zur Datenbeschaffung erfolgt.

Herr Rump macht auf die aktuell vorliegende Studie „vergleichende Analyse der Pendlerverflechtungen und Arbeitsplatzverteilung in der Region Oderland-Spree“ aufmerksam, deren Ergebnisse bei entsprechendem Bedarf genutzt werden können.

Es folgt die Beschlussfassung.

8 x Ja-Stimmen, einstimmig (Frau Tschierschky war bei der Abstimmung nicht im Raum)